Mittwoch, 23. September 2020

Beda M. Stadler Immonologe aus der Schweiz zu Masken und mehr in Sachen Corona

 Er ist nicht mehr von Forschungsgeldern abhängig und damit frei zu sagen, was er wirklich denkt

 Besonders interessant an seinen Aussagen finde ich, dass er sagt, es handelt sich nicht um einen neuen Virus, das ist nur eine normale Mutation eines lange existierenden Erkältungsvirus .. er begründet auch warum.

https://www.achgut.com/autor/stadler 

Beda M. Stadler

Professor Dr. Beda Stadler wurde 1950 geboren. Er absolvierte ein Studium der Biologie und promovierte und habilitierte auf dem Gebiet der Molekularbiologie in Bern. Seit 1991 ist er Professor für Immunologie und ehemaliger Direktor des Instituts für Immunologie an der Universität Bern. Neben der wissenschaftlichen Tätigkeit ist er u.a. als Kolumnist für die Berner Zeitung und die Neue Züricher Zeitung tätig.

Nun ein paar seiner wirklich kritischen Texte zum Thema Corona.

 

https://www.achgut.com/artikel/masken_der_angst 

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Masken der Angst

Zur Bekämpfung von SARS-CoV-2 gab es in der Schweiz (und auch in Deutschland/ Anm. der Redaktion) anfangs eine Strategie. Sie hieß „Flatten the Curve“ und beruhte auf einem teilweisen Lockdown. Allerdings verringerten sich die Ansteckungen schon vor diesem Lockdown, und die Kurve wurde nicht einfach flach, sondern näherte sich rasch dem Nullpunkt. Seither gibt es keine erkennbare Strategie mehr.

Kritik bleibt trotzdem aus. Die Medien unterstützen die Politik großmehrheitlich, und die Task Force ist so zusammengesetzt, dass kein Wissenschaftler es wagt, eine skeptische Haltung gegenüber den Behörden einzunehmen. Immer noch sitzt der Nationalfonds-Präsident in diesem Gremium. Wer riskiert schon gern seine Forschungsgelder?

Das Volk macht brav mit und erduldet jede Schikane. Was tut der schweizer Bundesrat in dieser Situation? Er wäscht sich die Hände in Unschuld und überlässt die Entscheidung für weitere Dummheiten den Kantonsregierungen. Diese tappen prompt in die Falle: Die Maskenpflicht in den Läden wird nun auch in der Deutschschweiz reihenweise eingeführt.

 

Maskentragen fast religiöses Symbol

Selbstverständlich nützen Masken in dem Sinn, dass sie Tröpfchen von der Innen- und der Außenseite resorbieren können. Das ist vor allem unter standardisierten Bedingungen der Fall, das heißt unter Bedingungen, wie man sie anwendet, um eine wissenschaftliche Arbeit zu veröffentlichen. Eine solche Übungsanlage ist aber kein Feldversuch.

Ein Quasi-Feldversuch, um die Wirksamkeit der Maskenpflicht zu untersuchen, läuft in Argentinien. Das Land steckt seit fünf Monaten im Lockdown, länger als jeder andere Staat, und hat eine Maskenpflicht. Trotzdem steigen die Todeszahlen in Argentinien immer noch. Im Moment liegt dieser Wert dort bei 300 Toten täglich.

Mir ist kein Land bekannt, wo die Einführung der Maskenpflicht zu einer Reduktion der Covid-19-bedingten Hospitalisierungen oder Todesfälle geführt hätte. Trotzdem ist das Maskentragen für viele Menschen zu einem fast religiösen Symbol geworden. Für diese Neugläubigen gäbe es einen weiteren Feldversuch, den ich aber niemandem empfehlen will: „Seid ihr bereit, mit einer Hygienemaske einen geschlossenen Raum zu betreten, um dort einem Ebola-Patienten das Bett zu machen und sein Häfeli zu entsorgen?“ Falls ja, wäre die Konsequenz ein darwinistisches Selektionsprinzip, das jede Diskussion erübrigen würde.

Begleitmusik zur Maskenpflicht

Derzeit wird massiv mehr getestet, als ob man Begleitmusik für die Einführung der Maskenpflicht durch die Kantone machen müsste. Allerdings haben inzwischen sogar Laien gemerkt, dass es am Wochenende weniger positive Testergebnisse gibt, weil die Laboranten auch freie Wochenenden haben möchten. Wer sich also allein an diesen Zahlen orientiert, macht es sich zu einfach.

Es ist auch fraglich, was der PCR-Test, mit dem man keine akute Infektion nachweisen kann, für einen Nutzen haben soll, um SARS-CoV-2 zu bekämpfen. Für das Contact Tracing ist er eigentlich unbrauchbar, weil es zu lange dauert, bis Resultate vorliegen. Hinzu kommt, dass eine junge Person mit intaktem Immunsystem, die positiv getestet wird, nicht an Covid-19 erkrankt. Trotzdem nennt das schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) diese Fälle seit einiger Zeit „laborbestätigte Infektionen“ und widerspricht damit eigenen Richtlinien.

Um das zu erklären, muss man ein bisschen ausholen. Am 5. Mai veröffentlichte das BAG mit Swissmedic ein Merkblatt zur aktuellen Covid-19-Testung in der Schweiz. Dort heißt es fachsprachlich: „Die PCR (Polymerase-Kettenreaktion) ist eine NAT-Methode (Nucleic Acid Amplification Technology) der modernen Molekularbiologie, um in einer Probe vorhandene Nukleinsäure (RNA oder DNA) in vitro zu vervielfältigen und danach mit geeigneten Detektionssystemen nachzuweisen. Der Nachweis der Nukleinsäure gibt jedoch keinen Rückschluss auf das Vorhandensein eines infektiösen Erregers. Dies kann nur mittels eines Virusnachweises und einer Vermehrung in der Zellkultur erfolgen.“

Diese Aussage ist hundertprozentig korrekt. Es gibt weltweit keinen Wissenschaftler mit Kenntnissen auf diesem Gebiet, der etwas anderes behaupten würde. Die Frage ist nun: Welcher Kommunikationskünstler beim BAG hat die Verdrehung von „positivem Fall“ zu „laborbestätigte Infektion“ angeordnet? Falls unsere Task Force aus Mitgliedern besteht, die wissen, was ein wissenschaftlicher Ehrenkodex ist, wäre es an der Zeit, das BAG in die Schranken zu weisen. Man darf nicht zusammen mit Swissmedic ein vernünftiges Merkblatt herausgeben und danach jeden Tag diesem Merkblatt widersprechen.

 

 

Lottogewinn wahrscheinlicher als Corona-Tod

Es gibt noch ein Ärgernis. Das Virus wird weltweit, also auch bei uns, ständig sequenziert, was vernünftig ist. Man weiß daher, dass die ursprünglichen, gefährlicheren Virusstämme hierzulande praktisch keine Rolle mehr spielen. In fast ganz Europa ist ein neuer Stamm unterwegs, der leichter von Menschen zu Menschen springt, aber weniger krankmachend ist. Auch in Indonesien ist ein mutiertes Virus D614G aufgetaucht, das leichter ansteckt, aber weniger gefährlich ist. Diese Information findet man allerdings auf keiner Bundesplattform, obwohl sie sehr wichtig ist. Sie könnte zu einer allgemeinen Beruhigung beitragen.

Auch die Todesfallzahlen dürfen uns positiv stimmen. Die Schweiz hat 8,5 Millionen Einwohner. Gegenwärtig sterben hierzulande täglich zwischen null und zwei Personen an Covid-19. Das Glück, im Schweizer Zahlenlotto einen Sechser ohne Zusatzzahl zu erzielen, liegt bei 1 zu 6.294.943. Also selbst, wenn Sie über 80 sind, ist die Chance, bei täglicher Ziehung einen Sechser im Lotto zu holen, derzeit größer, als an Covid-19 zu sterben.

Zweite Welle ist unwahrscheinlich

Trotzdem dominieren noch immer die Schreckensszenarien. Das Coronavirus OC43 soll die Russische Grippe von 1890 verursacht haben, an der über eine Million Menschen gestorben sind. Das ist zwar in den Details umstritten, wird jetzt aber wieder erwähnt, um etwas Stimmung zu machen. Dabei kann man die Geschichte auch anders erzählen: Das OC43-Virus ist längst mutiert und gehört heute zu den normalen Erkältungsviren. Auch SARS-CoV-2 wird weiter mutieren und harmloser werden. Das macht eine zweite Welle so unwahrscheinlich.

Bei Influenzaviren kann es zweite Wellen geben, weil die Mutationen einen anderen Charakter haben. Es werden, vereinfacht gesagt, ganze Genom-Kassetten ausgetauscht, wodurch ein neues Influenzavirus entsteht, gegen das kaum jemand immun ist. Coronaviren kennen keine derartigen Mutationen.

Machen wir ein Beispiel: Wenn das Spike-Protein mutiert, kann sich das Virus deswegen besser oder schlechter an die Zellen binden. Die Mutation wird aber relativ geringfügig sein, so dass ein Teil der bestehenden Antikörper sich immer noch daran wird heften können. Mit Sicherheit werden die T-Zellen das mutierte Spike-Protein weiterhin erkennen. Was bedeutet das im Alltag? Im Winter 2020/21, wenn wir uns vermehrt drinnen und näher beieinander aufhalten werden, wird das Virus nochmals eine Chance bekommen. Sofern wir die Risikopatienten schützen, wird es aber keine zweite Welle geben.

Dass das Virus harmloser wird, ist nur eine Erklärung, weshalb weniger Hospitalisierungen und Todesfälle auftreten. Eine andere, ergänzende lautet: Die Ärzte haben gelernt, wie man Covid-19-Patienten behandelt. Offenbar hat das falsche Intubieren sein Ende gefunden. Auch setzte man gewisse immunsuppressive Medikamente zu früh ein. Bei Covid-Patienten mit einer T-Zellen-Immunität kann so was tödlich enden, wie man inzwischen weiß.

 

Weitverbreitete Immunität

All diese guten Nachrichten sind in den Medien kaum zu finden. Am meisten ärgert mich aber, dass die weitverbreitete Immunität praktisch unerwähnt bleibt. Es gibt starke Verwandtschaften zwischen den Beta-Corona-Viren. Bis zu 25 Prozent der Erkältungsviren sind Coronaviren. Daher haben wir alle eine gewisse Immunität dagegen.

Auch die Wissenschaft unterschätzte diese Immunität zunächst. Die meisten Arbeiten betrachteten nur die T-Zellen-Immunität, wobei die Quote der Menschen mit einer solchen Immunität, die nie Kontakt mit SARS-CoV-2 hatten, durchwegs zu niedrig angegeben wurde. Das ist ein technischer Fehler, weil die T-Zellen nur mit ein paar wenigen synthetischen Viruspeptiden und nicht ganzen Viren stimuliert wurden. Die T-Zellen-Immunität kann man bei einer Infektion zudem nicht von der B-Zellen-Immunität, sprich Antikörpern, trennen.

Ohnehin sind die Antikörpertests in einem viel desolateren Zustand als anfänglich die PCR-Tests. Es wird noch eine Weile dauern, bis man die Frage der Rest-, Kreuz- oder Grundimmunität verlässlich abklären kann. Derzeit lässt sich nicht einmal ein Immunschutz mit Sicherheit feststellen. Nur eines steht fest: Die vorbestehende Immunantwort kann nicht mehr wegdiskutiert werden. Sie wäre der Schlüssel gewesen für eine andere Strategie. Solange die Nicht-Immunologen behauptet haben, es gäbe keine Immunität und das Virus sei neu, war eine vernünftige Strategie allerdings nicht möglich.

Meiner Meinung nach ist die einzig vernünftige Strategie seit den ersten Corona-Fällen in der Schweiz dieselbe geblieben: Risikopersonen schützen, alle anderen in Ruhe lassen. Das wäre eine edle Aufgabe für unsere Task Force gewesen, aber schwieriger zu vermitteln als Hiobsbotschaften, die von den Medien noch so gern weiterverbreitet werden. Wer jetzt ständig mit einer zweiten Welle droht, tut dies wahrscheinlich, weil er keine Strategie hat, um die Risikopersonen zu schützen.

Kein Grippeimpfstoff, der bei Risikopatienten wirkt

Derzeit sieht es so aus, als ob das Warten auf einen Impfstoff die neueste Strategie sei. Auch das könnte misslingen. Ich bin ja als Impfpapst verschrien und würde mich über einen Impfstoff freuen, zweifle aber, ob das in diesem Fall möglich ist. Da die meisten Menschen bereits immun sind, würde man damit nur ihre spezifische Immunität anheben.

Sollte es wahr sein, dass Menschen ohne Symptome andere anstecken können, was ich stark bezweifle, müssten wir trotzdem weiterhin mit Maske herumstolzieren, weil die Einzigen, die bislang an Covid-19 gestorben sind, immunkompromittiert waren. Der Impfstoff müsste also derart stark und speziell sein, dass er sogar bei Menschen funktioniert, die praktisch kein funktionierendes Immunsystem haben. Ich sage nicht, dass das unmöglich ist, aber beobachtet habe ich so was noch nie.

Seit Jahren lästere ich gegen das BAG, weil das Amt jeweils empfahl, dass sich vor allem die Risikogruppe impfen soll, was erwiesenermaßen nur schlecht funktioniert hat. Es gibt keinen Grippeimpfstoff, der bei den Risikopatienten gleich gut wirkt wie bei Jungen. Bei den kommenden SARS-CoV-2-Impfstoffen muss man leider von der gleichen Annahme ausgehen.

Möglicherweise wiederholt sich die Geschichte. Bei den letzten angeblichen Pandemien, der Vogel- und Schweinegrippe hat sich im Nachhinein herausgestellt, dass dies normale Grippejahre waren. Wenn sich das BAG vor allem vor einer solchen Blamage fürchtet, schlage ich vor, es begibt sich möglichst rasch in die Rolle des Winkelrieds und wirft sich in die Debatte. Lieber ein Amt mit Speeren in der Brust als ein Volk mit Lümpchen vor Mund und Nase bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Es reicht jetzt endgültig mit der Angstmacherei.

 

Beda M. Stadler ist emeritierter Professor für Immunologie der Universität Bern. Dieser Beitrag erschien auch in der Schweizer Weltwoche.

https://www.achgut.com/artikel/coronas_zeugen  

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Die Zeugen Coronas

Warum wurde die Maskenpflicht zu einem Zeitpunkt eingeführt, als kein Anstieg an Corona-Fällen ersichtlich war? Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, dass kurz vor der Einführung von Gratistests signifikant mehr getestet wurde, so dass der Eindruck eines kleinen Anstiegs entstand? Warum lässt der Bund Medienberichte unwidersprochen im Raum stehen, die aus einem Corona-Fall sogleich eine „Ansteckung“ machen?

Und was wir alle wissen möchten: Wie lange sollen wir mit Lümpchen vor Nase und Mund herumrennen? Bis nach der möglichen zweiten Welle? Bis keine „Fälle“ mehr auftreten? Oder bis alle Viren, an denen man sterben kann, ausgerottet sind?

Die Verunsicherung ist groß. In meiner Wohnregion gibt es seit fast fünf Wochen keinen einzigen Fall mehr. Trotzdem sieht man Mutter-Kind-Paare mit Maske beim Einkaufen. Und das kann noch ewig so weitergehen. Falls man nämlich weiter so intensiv testet, wird es kaum je weniger positive Resultate geben. Und wenn man den Test dann auch noch gratis (also auf Kosten der Steuerzahler) anbietet, ist die Panik schon fast programmiert. Es gehört zwar zum Lehrbuchwissen, dass ein positiver Test nicht gleichbedeutend ist mit einer Ansteckung. Aber Wissen hilft nur, wenn man es auch nutzt.

69 Franken pro Corona-Verdacht

Mit der aktualisierten Beprobungsstrategie des BAG vom 24. Juni 2020 übernimmt der Bund die Kosten der ambulant durchgeführten molekularbiologischen und serologischen Analysen auf Sars-CoV-2 bei Personen, welche die Verdachts- und Meldekriterien erfüllen. Das ist ein Pauschalbetrag von 50 Franken für die ärztliche Konsultation plus 95 Franken für die molekularbiologische Analyse plus 24 Franken für die Auftragsabwicklung. Das macht also stolze 169 Franken pro Corona-Verdacht. Laut BAG wurden bis Anfang letzter Woche 686.349 Tests durchgeführt, was rund 116 Millionen Franken kostete. Die 158.075 Gratistests, welche seit dem 24. Juni durchgeführt wurden, schlugen mit 27 Millionen Franken zu Buche.

Wer so viel Geld ausgibt, sollte zumindest ausweisen, wie oft der Test ein falsches Resultat ergab. Die meisten PCR-Tests, die europaweit im Umlauf sind, haben eine Fehlerquote von über einem Prozent, wie Sars-2-Ringversuche zeigen (www.instand-ev.de). In der Schweiz werden leider weder Angaben zu Ringversuchen noch zur Bestätigung positiver Tests veröffentlicht. Wir müssen demnach davon ausgehen, dass die Mehrzahl der sogenannten Corona-Fälle seit dem 24. Juni „falsch positiv“ sind. Denn auf 158.075 Tests kamen 1.461 positive Resultate – was ziemlich genau der Fehlerquote von einem Prozent entspricht. In diesem Zeitraum sind in der Schweiz übrigens zwei Menschen an oder mit Sars-2 gestorben.

Der herbeigeredete Anstieg von „Infektionen“ hat dazu geführt, dass anscheinend über 70 Prozent der Bevölkerung eine Maskenpflicht im ÖV befürworten. Die frühere Maskenskepsis ist aus unerfindlichen Gründen verflogen. Derweil läuft in Amerika, wo Sars-2 weiterhin wütet (wobei es sich erfreulicherweise um einen neuen, abgeschwächten Virusstamm handelt), seit geraumer Zeit ein Experiment, das die Nutzlosigkeit der Maskenpflicht aufzeigt. Langsam versteht man nämlich, weshalb sich das Virus in den USA, anders als in Europa, hartnäckig hält.

Klimaanlagen als Virenschleudern

Man kann in Amerika wohl vielen eine Maske aufzwingen, aber auf keinen Fall die Klimaanlage wegnehmen. Doch ältere Klimaanlagen sind regelrechte Virenschleudern. Die Menschen versammeln sich drinnen, wie im Winter, allerdings weil es draußen zu heiß ist. Unter diesen Bedingungen werden die Laborstudien, mit denen man krampfhaft aufzeigen wollte, wie wirksam Gesichtsmasken eben doch seien, zur Makulatur. Es wäre daher sinnvoll, wenn man zuerst einmal die Klimaanlagen in unseren Bussen und Zügen unter die Lupe nähme, bevor man den Passagieren eine Placebo-Maske aufzwingt.

Diese nüchterne Betrachtungsweise wird kaum dazu beitragen, dass die Maskenpflicht bei uns aufgehoben wird. Die Gesichtsverhüllung ist längst eine Art Glaubensbekenntnis. Selbst die Ungläubigen werden weiterhin ihre Masken überziehen, da schließlich niemand als Asozialer gebrandmarkt und aus dem Zug geschmissen werden will. Jetzt, da sogar Donald Trump mal eine Maske angezogen hat, besteht höchstens eine leise Hoffnung, dass der missionarische Eifer etwas abflaut. Doch wenn sich maskierte Fussballer im Bus anstecken, kann man immer noch behaupten, es wären die Umarmungen in der Kabine gewesen.

 

Gute Trockenübung

Unter den gegebenen Umständen sollten wir die Maskenpflicht trotzdem subito abschaffen. Es war eine gute Trockenübung. Taucht mal wieder ein gefährliches Virus auf, kann jeder sein Lieblings-Lümpchen hervorholen, um etwas gegen die eigene Panik zu unternehmen. Selbstverständlich würde die Schweiz bunter, wenn alle, die das wollen, weiter mit Masken herumliefen. Selbst wenn damit das Vermummungsverbot verletzt wird, hätten Menschen ohne Maske sicher Verständnis für die religiösen Ängste.

 

Beda M. Stadler ist emeritierter Professor und ehemaliger Direktor des Instituts für Immunologie an der Uni Bern. Dieser Beitrag erschien zuerst in der Weltwoche.

 

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https://www.achgut.com/artikel/corona_aufarbeitung_warum_alle_falsch_lagen 

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Corona-Aufarbeitung: Warum alle falsch lagen

Das Coronavirus verzieht sich allmählich. Was hat sich in den vergangenen Wochen eigentlich abgespielt? Die Experten haben grundlegende Zusammenhänge übersehen. Die Immunantwort gegen das Virus ist viel stärker, als man dachte. 

Dies ist keine Anklageschrift, aber eine schonungslose Bilanz. Ich könnte mich selber ohrfeigen, weil ich das Virus SARS-Cov-2 viel zu lange mit Panik im Nacken betrachtet habe. Ein wenig ärgere ich mich auch über viele meiner Immunologen-Kollegen, die bislang die Diskussion rund um Covid-19 den Virologen und Epidemiologen überlassen haben. Mir scheint, es wäre Zeit, einige der hauptsächlichen und komplett falschen Aussagen rund um dieses Virus in der Öffentlichkeit zu kritisieren.

  • Erstens: Es war falsch, zu behaupten, das Virus sei neu. 
  • Zweitens: Noch falscher war es, zu behaupten, es bestünde in der Bevölkerung keine Immunität gegen dieses Virus.
  • Drittens: Es war sozusagen die Krönung der Dummheit, zu behaupten, man könne die Krankheit Covid-19 symptomlos durchmachen oder andere gar ohne Symptome anstecken. 

Nun aber der Reihe nach:

 

1. Ein neues Virus?

Ende 2019 tauchte in China das Coronavirus auf, das man als neuartig ansah. Nachdem aber die Gensequenz, also der Bauplan für das Coronavirus, identifiziert war und dieses einen verwandten Namen zu dem 2002 aufgetauchten SARS erhalten hatte, nämlich SARS-Cov-2, hätte man eigentlich bereits fragen sollen, wie weit diese Verwandtschaft eventuell bis zu anderen Coronaviren, die auch uns Menschen krank machen, reichen könnte. Nein, stattdessen hat man diskutiert, von welchem Vieh, das zugleich auch auf dem chinesischen Speiseplan existiert, das Virus wohl abstammen könnte. Inzwischen glauben allerdings viel mehr Menschen sogar daran, die Chinesen seien so dumm, dieses Virus im eigenen Land auf sich selber losgelassen zu haben. 

Jetzt, da es darum geht, Impfstoffe gegen das Virus herzustellen, tauchen hingegen wissenschaftliche Arbeiten auf, die aufzeigen, dass dieses sogenannte neue Virus stark verwandt ist mit SARS sowie mit anderen Beta-Coronaviren, unter denen wir jedes Jahr in der Form von Erkältungen leiden. Neben den reinen Sequenzhomologien, zwischen den verschiedenen für Menschen krankheitserregenden Coronaviren werden derzeit diverse Bereiche auf den Viren definiert, wie sie von den menschlichen Immunzellen erkannt werden. Dabei geht es also nicht mehr bloß um die genetische Verwandschaft, sondern wie das Virus für das Immunsystem aussieht, also welche Teile von SARS-Cov-2 aber auch anderen Coronaviren allenfalls als Impfstoff verwendet werden könnten. 

Also: SARS-Cov-2 ist gar nicht so neu, sondern eben ein saisonales Erkältungsvirus, das mutiert ist und wie alle anderen Erkältungsviren im Sommer verschwindet – was jetzt auch fast überall auf der Welt beobachtbar ist. Grippeviren mutieren übrigens in einem wesentlich höheren Masse, und niemand würde behaupten, ein neuer Grippevirus-Stamm sei etwas komplett Neues. Viele Tierärzte haben sich denn auch über die Behauptung vom komplett neuen Virus geärgert, schließlich verwenden sie seit Jahren Impfstoffe gegen Coronaviren bei Katzen, Hunden, Schweinen und Rindern. 

2. Die Mär von der fehlenden Immunität

Von der Weltgesundheitsorganisation WHO bis zu den Facebook-Virologen haben alle behauptet, das Virus sei besonders gefährlich, weil keine Immunität dagegen vorherrsche, da es ein neues Virus sei. Sogar Anthony Fauci, der wichtigste Berater der Trump-Regierung, betonte anfänglich bei öffentlichen Auftritten jedes Mal, die Gefahr des Virus bestünde darin, dass es dagegen keine Immunität gebe. Tony und ich hatten seinerzeit in den USA oft nebeneinander gesessen in Immunologie-Seminaren am National Institute of Health in Bethesda, weil wir damals auf verwandten Gebieten arbeiteten. Also war ich eine Zeit lang seiner Aussage gegenüber ziemlich unkritisch, schließlich stammte sie von einem respektablen Kollegen.

Der Groschen fiel bei mir erst, als ich realisierte, dass der erste kommerzielle Antikörpertest aus einem alten Antikörper bestand, der eigentlich SARS erkannte. Bei dieser Art von Test schaut man, ob im Blut Antikörper vorhanden sind und die in einem früheren Kampf gegen das Virus so entstanden sind. Aus einem Lama wurden sogar Antikörper isoliert, die gleichermaßen SARS, SARS-Cov-2 und MERS erkennen. Zudem wurde bekannt, dass in China an Orten, wo SARS gewütet hatte, SARS-Cov-2 weniger Unheil anrichtete. Das sind klare Befunde, die zwingend nahelegen, dass unser Immunsystem zumindest SARS und SARS-Cov-2 als teilweise identisch betrachtet und wahrscheinlich das eine Virus uns vor dem anderen schützen könnte.

Ich realisierte da, dass die ganze Welt einfach behauptete, es gebe keine Immunität, aber in Wirklichkeit hatte gar niemand einen Test zur Hand, um eine solche Behauptung zu belegen. Das war keine Wissenschaft, sondern bloß eine Spekulation aus dem Bauchgefühl, die von allen nachgeplappert wurde. Bis heute gibt es nämlich keine Antikörper-Tests, die all die verschiedenen möglichen immunologischen Situationen beschreiben, wie etwa: Ob man immun ist, seit wann, wogegen die neutralisierenden Antikörper gerichtet sind und wie viele Strukturen auf anderen Corona Viren existieren, die ebenfalls zu Immunität führen.

Mitte April erschien dann eine Arbeit aus der Gruppe von Andreas Thiel von der Charité in Berlin. Es war eine Arbeit mit dreißig Autoren, unter anderem auch mit dem Virologen Christian Drosten. Darin wurde gezeigt, dass bei 34 Prozent der Berliner, die nie Kontakt gehabt hatten mit dem SARS-Cov-2 Virus, trotzdem eine T-Zellen-Immunität (eine andere Art der Immunreaktion, siehe unten) dagegen festgestellt werden konnte. Das heißt, unsere T-Zellen, also weiße Blutkörper, erkennen gemeinsame Strukturen auf SARS-Cov-2 und den normalen Erkältungsviren und bekämpfen somit beide.

Eine Studie von John P. A. Ioannidis an der Stanford University, gemäß der Einstein Stiftung in Berlin einer der zehn meistzitierten Wissenschaftler auf der Welt, zeigte zudem auf, dass die Immunität gegen SARS-Cov-2, gemessen mit Antikörpern, wesentlich höher ist als bislang angenommen. Ioannidis ist sicher kein Verschwörungstheoretiker, der bloß gegen den Strom schwimmt, er wird jetzt trotzdem kritisiert, weil keine wirklich präzisen Antikörperteste verwendet worden seien. Die Kritiker geben damit zu, dass auch sie keine solchen Tests haben. Im Übrigen ist John P. A. Ioannidis ein derartiges wissenschaftliches Schwergewicht, dass alle deutschen Virologen zusammengenommen dagegen ein Leichtgewicht sind.

 

3. Das Versagen der Modellbauer

Die Epidemiologen gingen dem falschen Glauben, es gebe keine Immunität im Volk, ebenfalls auf den Leim. Zudem wollten sie auch nicht wahrhaben, dass Coronaviren eben saisonale Erkältungsviren sind und im Sommer verschwinden. Sonst wären ihre Kurvenmodelle anders ausgefallen. Nachdem die anfänglichen Worst-Case-Szenarien nirgendwo aufgetreten sind, klammern sich manche nun noch an Computer-Modelle, die das Auftreten einer zweiten Welle voraussagen. Lassen wir ihnen diese Hoffnung, ich habe noch nie einen Wissenschaftszweig gesehen, der sich selber derart ins Abseits manövriert hat. Ich habe auch nicht verstanden, weshalb Epidemiologen derart interessiert sind an der Anzahl der Todesfälle anstatt daran, wie viele Leben zu retten wären.

4. Die Immunologie des gesunden Menschenverstandes.

Als Immunologe vertraue ich einem natürlichen Modell, nämlich dem menschlichen Organismus, der ein erprobtes und lernfähiges Immunsystem ausgebildet hat. Ende Februar auf der Rückfahrt nach einer SRF-Arena-Sendung äußerte ich, eingeklemmt im Fiat 500 von Daniel Koch, ihm gegenüber meine Vermutung, dass es im Volk eine Grundimmunität gegen SARS-Cov-2 gibt. Er bestritt diese Ansicht. Ich habe ihn trotzdem später verteidigt, als er darlegte, Kinder seien kein treibendes Moment für diese Pandemie. Er vermutete, Kinder hätten keinen Rezeptor für das Virus, was natürlich Unsinn ist. Aber man muss ihm zugutehalten, dass seine Beobachtung richtig war. Dass ihm dann jedoch Wissenschaftler an den Karren fuhren und entsprechende Studien verlangten, birgt doch eine gewisse Ironie. Schließlich verlangte man auch keine Studien, um zu demonstrieren, dass Menschen aus der Risikogruppe sterben.

Als nach den ersten Statistiken aus China und dann auch aus der weltweiten Datenlage ebenfalls der gleiche Trend zu beobachten war, dass nämlich praktisch nie ein Kind unter zehn Jahren erkrankt, hätte eigentlich jedermann aufs Argument kommen müssen, dass Kinder offensichtlich immun sind. Bei jeder anderen Krankheit, bei der eine bestimmte Gruppe von Menschen nicht krank wird, würde man davon ausgehen, dass diese Gruppe immun ist. Wenn in einem Altersheim Menschen leider sterben, aber am gleichen Ort Pensionäre mit den gleichen Risikofaktoren völlig unbehelligt bleiben, sollte man eigentlich ebenfalls davon ausgehen, dass diese eben immun waren.

Dieser gesunde Menschenverstand ist aber einigen Menschen abhandengekommen, also nennen wir sie hier spaßeshalber „Immunitätsleugner“. Diese neue Gattung der Leugner musste beobachten, dass der allergrößte Teil der Menschen, die positiv auf dieses Virus getestet wurden, denen also Viren im Rachen nachgewiesen wurden, gar nicht krank werden. Man hat dafür den Begriff „silent Carrier“ aus dem Hut gezaubert, „stille Träger“, und behauptet, man könne krank sein, ohne Symptome zu haben. Das wäre ja pikant. Sollte sich dieses Prinzip in der Medizin von nun an einbürgern, hätten die Krankenkassen ein Problem, aber auch etwa Lehrer, da von nun an Schüler jede Krankheit vorgaukeln können, um die Schule zu schwänzen, schließlich braucht es ja gar keine Symptome mehr, um krank zu sein. 

Der nächste Witz, den gewisse Virologen verbreitet haben, war die Behauptung, dass diese symptomlos Kranken trotzdem andere Menschen anstecken könnten. Diese „gesunden“ Kranken würden im Rachenraum so viele Viren beherbergen, dass bei einer normalen Unterhaltung zwischen zwei Menschen der eine „Gesunde“ den anderen Gesunden anstecke. Nun muss man sich vergegenwärtigen, was da alles abläuft. Falls sich irgendwo im Körper, eben auch im Rachen, Viren bilden, heißt das, dass menschliche Zellen zugrunde gehen. Wenn Zellen sterben, wird sogleich das Immunsystem alarmiert, und es entsteht eine Entzündung. Eines der fünf Kardinalsymptome einer Entzündung ist der Schmerz. Es ist verständlich, dass leidende Covid-19-Patienten sich nicht mehr an das anfängliche Kratzen im Hals erinnern können und dann allenfalls behaupten, sie hätten vor ein paar Tagen noch keine Symptome gehabt. Daraus als Arzt oder Virologe eine Story von „gesunden“ Kranken zu machen, die Panik verursacht und oft ein Grund war für strengere Lockdown-Massnahmen, zeigt, wie schlecht der Witz in Wirklichkeit war. Wenigstens hat die WHO die Behauptung der asymptomatischen Ansteckung nicht übernommen und zweifelt diese Behauptung sogar auf ihrer Webpage an.

Hier auf griffige Art und speziell für die Immunitätsleugner nochmals eine ganz kurze Zusammenfassung, wie wir Menschen von Keimen angegriffen werden und reagieren: Hat es in unserer Umgebung krank machende Viren, so werden alle Menschen, egal ob immun oder nicht, vom Virus befallen. Ist man immun, beginnt jetzt der Zweikampf mit dem Virus. Als erstes versuchen wir mit Antikörpern zu verhindern, dass sich das Virus an unsere Zellen bindet. Dies gelingt natürlich nur teilweise, nicht alle werden blockiert, und viele Viren werden sich in den geeigneten Zellen einnisten. Das muss nicht zu Symptomen führen, ist aber eben auch keine Krankheit. Denn die zweite Garde des Immunsystems kommt jetzt zur Hilfe. Das sind die oben bereits erwähnten sogenannten T-Zellen, weiße Blutzellen, die von außen feststellen können, in welchen anderen Zellen sich die Viren verstecken, um sich dort zu vermehren. Solche Zellen, die quasi Viren ausbrüten, werden dann im ganzen Körper gesucht und von den T-Zellen umgebracht, bis das letzte Virus ausgerottet ist.

Macht man also bei einem immunen Menschen einen PCR-Corona-Test, wird ja kein Virus detektiert, sondern nur ein kleines Stück des viralen Genoms. Der Test wird so lange positiv sein, bis keine Trümmer des Virus mehr vorhanden sind. Richtig, auch wenn längst keine infektiösen Viren mehr vorhanden sind, kann ein Corona-Test also noch positiv ausfallen, weil durch die PCR-Methode selbst ein kleines Stück des viralen Genmaterials im Test genügend vervielfältigt wird. So geschehen, als aus Korea die Meldung rund um den Globus ging und von der WHO übernommen wurde, dass mehr als zweihundert Koreaner, die Covid-19 durchgemacht hatten, wieder angesteckt worden seien, dass also wahrscheinlich keine Immunität gegen dieses Virus entstehe. Die Erklärung des wahren Sachverhalts und die Entschuldigung kamen erst etwas später, als man feststellte, dass die immunen Koreaner alle kerngesund seien und nur einen kurzen Zweikampf mit dem Virus hatten. Der Haken war eben, dass die Virustrümmer mit dem allzu sensitiven Test noch erfasst wurden und das Signal „positiv“ auslösten. Wahrscheinlich beruhen bei uns eine Großzahl der täglich rapportierten Ansteckungen bloß auf solchen Virustrümmern.

Der PCR Test mit seiner enormen Empfindlichkeit war also am Anfang goldrichtig, um herauszufinden, wo das Virus sein könnte. Der Test kann aber nicht feststellen, ob die Viren noch intakt, also noch ansteckend sind. Leider hat dies auch dazu geführt, dass einige Virologen die Stärke des Test-Signals mit der Viruslast, also der Menge an Viren, gleichgesetzt haben, die man ausatmen könne. Zum Glück blieben unsere Kitas trotzdem offen. Da deutsche Virologen wahrscheinlich aus Prinzip nicht in andere Länder blicken, in den die Fallzahlen schneller sinken als zu Hause, ging das an ihnen vorbei.

 

5. Corona-Immunität als Problem.

Was heißt das für die Praxis? Die überaus lange Inkubationsperiode von 2 bis 14 Tagen und Berichte über 22 bis 27 Tage sollte jeden Immunologen aufschrecken. Genauso wie die Behauptung, die meisten Patienten würden nach 5 Tagen kein Virus mehr ausscheiden. Beides legt nämlich wiederum den Schluss nahe, dass es – quasi im Hintergrund – eine Grundimmunität geben muss, die zu einer Verzerrung der Vorgänge führt, wie man sie normalerweise erwarten würde – eben zu langen Inkubationszeiten und zu rascher Immunität. 

Genau diese Immunität scheint auch bei den Patienten mit ernsthaftem Verlauf das Problem zu sein. Unsere Antikörpertiter, also die Treffsicherheit des Abwehrsystems, nehmen nämlich mit zunehmendem Alter ab. Aber auch bei Menschen, die falsch oder unterernährt sind, kommt es zu einer Immunschwächung, weshalb das Virus ja nicht nur die medizinischen Probleme eines Landes aufzeigt, sondern auch einen Teil der sozialen Missstände. 

Hat ein Angesteckter also zu wenig Antikörper, also eine zu schwache Immunabwehr, wird sich das Virus langsam, aber stetig über den ganzen Körper verteilen. Jetzt da nicht mehr genügend Antikörper vorhanden sind, bleibt nur noch das zweite Bein der Immunantwort übrig: Die T-Zellen beginnen überall im Körper gegen die vom Virus befallenen Zellen zu kämpfen. Dies kann zu einer überschießenden Immunreaktion führen, quasi zu einem gewaltigen Gemetzel, das wird dann Zytokin-Sturm genannt. Ganz selten kann dies auch bei Kleinkindern passieren und wird dann als Kawasaki Syndrom bezeichnet. Mit diesem Spezialfall bei Kindern hat man auch bei uns versucht, Panik zu schüren. Interessant ist allerdings, dass dieses Syndrom einfach und gut zu behandeln ist. Den Kindern werden nämlich Antikörper von gesunden Blutspendern verabreicht, also von Menschen, die Coronavirus-Erkältungen durchgemacht haben. Somit wird hier die totgeschwiegene Immunität in der Bevölkerung trotzdem therapeutisch eingesetzt.

Was nun?

Das Virus ist erst mal weg. Wahrscheinlich wird es im Winter zurückkommen, das wird aber keine zweite Welle sein, sondern eben eine Erkältung. Wer als gesunder junger Mensch derzeit mit einer Maske herumläuft, sollte deshalb gescheiter einen Helm tragen, da das Risiko, dass einem etwas auf den Kopf fallen könnte, größer ist als eine schwere Erkrankung mit Covid-19. 

Sollte in vierzehn Tagen nun trotzdem ein signifikanter Anstieg an Ansteckungen zu beobachten sein, wüssten wir wenigstens, dass eine der Lockerungsmaßnahmen von vorher eine sinnvolle Einschränkung war. Ansonsten empfehle ich allen die Lektüre von John P. A. Ioannidis‘ neuester Arbeit, in der er die Situation bezogen auf die weltweite Datenlage vom 1. Mai 2020 beschreibt: Unter 65-Jährige ohne Vorerkrankung machten demnach bloß 0,7 bis 2,6 Prozent aller Covid-19-Todesfälle aus. Um der Pandemie Herr zu werden, reiche eine Strategie aus, die sich auf den Schutz der über 65-jährigen Risikopersonen beschränke. Wenn ein Top Experte dieser Ansicht ist, wird ein erneuter Shut-Down zu einem No-Go.

Zurück auf dem Weg zur Normalität, würde es uns Bürgern jetzt guttun, wenn sich einige Panikmacher entschuldigen würden. Etwa Ärzte, die eine Triage der über 80-jährigen Covid-19-Patienten forderten, damit diese nicht mehr beatmet werden. Auch Medien, die mehrmals Panik-Videos aus italienischen Spitälern gezeigt haben, um damit etwas zu illustrieren, das so nie existiert hat. Alle Politiker, die TESTEN, TESTEN, TESTEN forderten, ohne überhaupt zu wissen, was der Test misst. Oder der Bund für eine App, die nie funktionieren wird und mich auch dann warnen wird, wenn jemand in meiner Nähe positiv, aber nicht ansteckend ist.

Im Winter, wenn dann die Grippe und andere Erkältungen wieder grassieren werden, können wir uns dann etwas weniger oft küssen, aber die Hände waschen sollte man ja auch ohne Viren. Und Menschen, die trotzdem etwas aufgelesen haben, sollen dann die Masken hervornehmen und allen zeigen, wie viel sie aus dieser Pandemie gelernt haben. Und falls wir immer noch nicht gelernt haben, unsere Risikogruppen zu schützen, müssen wir auf einen Impfstoff warten, der hoffentlich auch bei den Risikopersonen funktionieren wird.

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Professor Dr. Beda M. Stadler ist emeritierter Professor für Immunologie und ehemaliger Direktor des Instituts für Immunologie an der Universität Bern. Neben der wissenschaftlichen Tätigkeit ist er auch publizistisch tätig. Dieser Beitrag erschien auch in der Schweizer Weltwoche.

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LG

Renate

 

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