Freitag, 3. Juni 2016

Untersuchung über Mängel in Pflegeheimen

Hörte das heute früh in den Nachrichten

Die Pflege in Deutschlands Pflegeheimen ist extrem teuer und kostet viel mehr als es kosten würde, wenn man es Verwandten erleichtern würde, ihre Angehörigen zu Hause zu pflegen, aber auch helfen, danach bessere Startbedingungen zurück ins Berufsleben zu finden.

Ich habe meine eigene Mutter 11 Jahre lang gepflegt und 2012 miterlebt, wie Jürgens Mutter ohne dass wir es ahnten orientierungslos in einem Seniorenstift landete, uns niemand Bescheid sagte und wir sogar von ihrem Tod nur von dem dann aufmerksamen Bestatter erfuhren.
Jürgens Mama Lilo fing an zu tüdeln, aber es war nicht möglich, sie davon zu überzeugen, in unsere Nähe zu ziehen. Sie wollte unbedingt bei ihren besten Freundinnen in Bad Nenndorf bleiben.

Als sie starb, rief uns nur einen Tag vor ihrer Beerdigung der Bestatter an, auch nur deshalb, weil der auch Jürgens Vater schon begraben und deshalb seine Handynummer hatte. Wann und ob wir sonst etwas von ihrem Tod erfahren hätten, wissen wir nicht.


Wir waren damals Hartz-IV-Aufstocker und konnten Lilo nicht laufend besuchen fahren. Dafür sieht der Hartz-IV-Satz nämlich eigentlich gar kein Geld vor. Wir sind also alle paar Monate runter gefahren wie auch oben, wo Ihr links Lilo, mittig mich und unsere damalige Hündin Chérie und rechts meine auch pflegebedürftige Mama seht.

Zwischendurch schrieben wir ihr, schickten Fotos oder versuchten sie anzurufen, was aber schwieriger wurde. Wir fanden unsere letzte Post und Fotos von uns nach ihrem Tod in ihrem Zimmer des Pflegeheims.
Kein Mensch hat Jürgen angerufen oder uns geschrieben, als Lilo ohne jede Orientierung auf der Straße gefunden wurde und in diesem Pflegeheim landete. Sie bekam, obwohl sie einen Sohn hatte, einen fremden Betreuer, später eine andere Betreuerin, die noch nicht einmal wusste, dass Lilo tot war, als ich sie anrief um zu fragen, was alles passiert war. Sie wurde anonym beerdigt, das Grab von Jürgens Vater hatte die Stadt nur 10 Jahre nach seinem Tod einfach aufgelöst.
Ich habe während der Pflege meiner Mama immer dafür gesorgt, dass sie Abwechslung hat, trotz erheblicher Probleme mit meinen Schwiegerkindern darauf geachtet, dass Mama ihre Enkel und Urenkel hat ab und zu sehen und mit ihnen telefonieren können. Ich verlinke deshalb hier ein paar Familienfotos mit Mama und meinen Kindern und Enkeln. Beim jüngsten Enkel habe ich nicht mehr erreichen können als für Mama zumindest ein paar Fotos zu bekommen.



Sogar Jürgens Tochter, seinen Schwiegersohn und Enkel hat Mama kennenlernen dürfen.

Natürlich sind wir mit Mama auch noch kurz vor ihrem Tod wie hier ca. einen Monat vorher noch ausgegangen .. hier zu den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg.

Wir haben Mama überall hin mitgenommen, egal wie schwierig das und wie schwierig auch sie mit ihrer hochgradigen Demenz war.


Dass unsere Pflegesätze, die der Medzinische Dienst festlegt, für die Pflege alter Menschen nicht ansatzweise ausreichen, weiß jeder Mensch, der sich damit auseinandersetzen muss, eine Pflegestufe für einen Angehörigen zu beantragen.

Es ist ein Witz, wenn man 3 Minuten fürs Füttern, 8 Minuten für die Intimpflege und so weiter und so fort und natürlich nicht eine Minute für Ausfahrten oder Ausflüge und dergleichen bekommt, denn in der Pflege ist es nicht vorgesehen, dass unsere Alten noch irgendeine Freude oder auch nur lebenswichtiges Sonnenlicht durch Ausfahrten erhalten.
So wie das Grab von Jürgens Vater einfach aufgelöst wurde, so ist es normal, dass Pflegefälle natürlich nicht mehr von jemand auf den Friedhof gefahren werden, der ihnen dabei hilft, das Grab eines geliebten Angehörigen zu pflegen oder auch nur zu besuchen.

Haustiere sind natürlich auch nicht zugelassen, wenn man in ein Pflegeheim kommt. Es kümmert sich auch keiner darum, diesen oft ja extrem schwierigen Menschen ein wenig Kontakt zu ihren Verwandten zu erhalten.

Alles das ist sicherlich für die meisten Menschen, die einen geliebten Angehörigen pflegen, egal wie problmatisch dieser Mensch mit zunehmender Demenz auch werden mag, vollkommen normal.

Ein Verwandter wird sich auch die Zeit nehmen, seinem Pflegefall genug zu trinken und zu essen einzuflößen, ganz egal wie lange das dauert und ob dieser Menschen noch selbst einen Trieb zum Essen und Trinken hat, was ja oft nicht mehr so ist.

Meine Mama hat wenn ich nicht aufgepasst habe, oft Getränke hinters Sofa gegossen und das Essen schnell dem Hund hin geworfen, ich musste sie immer endlos lange überreden, genug zu essen und zu trinken, von alleine hätte sie das meistens nicht mehr getan.
Mama hing extrem an ihrer letzten Hauskatze Blanka, mehr als an allem anderen. Sie war zeitlebens ein Katzenfan. Bei mir lag Blanka bei ihr mit im Bett. In einem Pflegeheim wäre sowas undenkbar. In manchen bekommen die Altern ersatzweise zum Schmusen Plüschtiere.

Natürlich hat das Personal nicht die Zeit, sich dort auch noch um ein Haustier zu kümmern.

Verwandte haben die Zeit aber meistens, wenn man sie in Ruhe pflegen lässt.

Es macht Sinn, dass die Pflege in unserem Heimen gar nicht klappen kann, denn die Sätze, die der Medizinische Dienst zuerkennt, sind ja viel zu kurz, um das anständig machen zu können.

Es ist vollkommen logisch, dass diese Zeit nichtmal reicht, um Pflegefälle zu füttern, zu wickeln (deshalb werden dann Katheter angelegt, die zu schlimmen Blasenentzündungen führen und zu grauenvollen Schmerzen, was ich bei Mama bei einem Klinikaufenthalt leider schmerzvoll miterleben musste), zu waschen und zu baden.

Einen Pflegefall je nach Pflegestufe so gut es geht am Leben teilhaben zu lassen, dafür reichen solche Pflegesätze natürlich überhaupt nicht aus.

Ich habe meine Mutter im Haushalt helfen lassen so gut es ging. Sie hatte bis zuletzt das Gefühl, sie nimmt mir die Hausarbeit ab, obwohl natürlich das Gegenteil der Fall war .. klar hat sie mich in der Küche und bei der Wäsche und so weiter extrem aufgehalten .. aber wer eine Mutter liebt, gibt ihr das Gefühl, nützlich zu sein. Wer aber hat in einem Pflegeheim dazu die Zeit?

Mama durfte an unserem Leben teilhaben.

Sie hat auch noch die Hochzeiten von zwei ihrer Enkel miterleben können und bei der letzten auch dann, als wir deshalb mit ihr oder wegen ihr viel früher nach Hause fahren mussten als es uns lieb war, denn klar wären wir gern noch länger geblieben ... aber sowas geht mit einem schweren Pflegefall dann eben oft nicht mehr.




Rechts Mamas jüngster Urenkel, den sie nur noch auf Fotos kennenlernen konnte, weil meine harte Schwiegertochter leider nicht mehr zuließ, nur sein Papa kam uns noch bis kurz vor ihrem Tod besuchen.

Für mich waren die Kontakte zu meinen Kindern und Enkeln wegen meiner teils alles andere als netten Schwiegerkinder nicht einfach, aber ich hab das durchgekämpft für meine Mama, auch wenn es mir oft weh tat, was ich deshalb hab erleben müssen.

Die Leute aus dem Pflegeheim, wo Jürgens Mama starb .. ganz alleine .. haben sich nichtmal die Mühe gemacht, ihren Sohn anzurufen oder uns zu schreiben, obwohl Telefonnummern und Adresse in ihrem Zimmer rumlagen und es übers Einwohnermeldeamt auf jeden Fall problemlos möglich gewesen wäre, ihren Sohn zu finden. Wir waren ahnungslos und wunderten uns, warum sie sich nicht meldete.

Wir dachten damals, Lilo mault mal wieder, weil auch sie im Alter halt zunehmend dement und richtig komisch wurde, aber da wir noch kurz zuvor mit ihr bei der Appasionata in Hannover gewesen waren, ahnten wir auch nicht, dass ihre Demenz so plötzlich so sehr zugenommen hatte, dass sie dann gar nichts mehr wusste und ohne jede Orientierung auf der Straße aufgefunden worden ist.

Wir waren entsetzt, was passiert, wenn man heute zusammenklappt und in einem Pflegeheim landet.


Ich glaube kaum, dass eins unserer Kinder sich nun extrem wundern würde, wenn Jürgen oder ich plötzlich in einem Heim landen würden, denn so oft kommen sie uns ja nicht besuchen, sondern nur gelegentlich.

Umgekehrt wäre es sicher genauso. Ich glaube nicht, dass ich nun sofort stutzig würde, wenn ich einige Wochen gar nicht mehr von einem meiner Kinder hören würde, selbst bei denen nicht, wo es Kontakt gibt, denn der ist wie heute so oft üblich eben recht spärlich. Kinder haben doch nie Zeit.

Mein Mann Jürgen hat mal den Begriff des sozialverträglichen Ablebens erdacht, wiel er meint, das mit der schlechten Pflege in Deutschland ist Absicht, weil die pflegebedürftigen Menschen so viel schneller sterben als wenn sie zu Hause gepflegt werden würden.

Es ist gewollt, um die Rentenkassen zu schonen, dass sie sozusagen zu Tode gepflegt, also zu Tode schlecht gepflegt werden. So kosten sie trotz der anfänglich höheren Kosten ja viel weniger, weil sie schneller unter die Erde kommen und der Staat dann Geld spart.
Tja ... langer Worte Sinn.

Ich verlinke Euch mal den Artikel, den ich nach der Recherche dieses Nachrichtentextes heute früh in den Nachrichten des NDR dazu im Intrernet fand.


In Schleswig-Holstein ist die Pflege übrigens besonders mies, steht da. Wir rangieren auf Platz 14 deutschlandweit.







Daraus:

Untersuchung: Mängel in Großteil der Pflegeheime

Das Recherchezentrum „Correctiv“ hat Seniorenresidenzen unter die Lupe genommen. Schleswig-Holstein landet dabei nur auf dem 14. Platz. Besonders mies ist die Versorgung in den Pflegeheimen in Ostholstein.



 Tja .. und noch mehr daraus, während ich Euch immer noch Fotos aus den letzten Jahren zeige, in denen ich meine Mutter selbst gepflegt habe und dabei große Probleme mit dem Jobcenter hatte, die mich laufend dazu zwingen wollten, sie in ein Heim zu geben .. ich bin nur entsprechend stur und habe mich gewehrt, das zu tun.

So macht das Jobcenter es aber vermutlich mit jedem Menschen, der sich um einen Pflegefall kümmern muss, vor allen Dingen, wenn man noch nicht die Pflegestufe III durchgeboxt hat.


Meine Mutter selbst hat nämlich nicht mehr miterlebt, dass sie die Pflegestufe III bekommen hat, nur ich. Sie ist in der Zeit, in der die Klage deshalb lieb, leider schon gestorben. Man hat mir in dieser Zeit beim Jobcenter erzählt, ich wäre in der Lage, trotz der Pflege einen 30-Stunden-Job auszuüben .. bei Pflegestufe II .. bei der I verlangen sie sogar, dass man Vollzeit arbeitet, obwohl das niemand könnte.

Was in unseren Pflegeheimen los ist, wundert mich deshalb in keiner Weise.

Tja .. und hier nun zum Schluss noch was darüber, wie der Medizinische Dienst die Pflege in unseren Heimen beurteilt, die andere Institutionen als vollkommen unzureichend einstuft:

...
„Wir können zeigen, dass zahlreiche Seniorenresidenzen in Deutschland Probleme haben, die in den entsprechenden Pflegenoten der Heime bisher nicht auffallen“, sagt Daniel Drepper, der die Untersuchung geleitet hat. Denn die Heime in Deutschland werden vom MDK im Schnitt mit der Schulnote 1,2 bewertet. Bei den Inspektionen fielen bürokratische Kriterien viel mehr ins Gewicht als die Pflege selbst, kritisiert Drepper. Rückschlüsse auf die Qualität der Heime ließen sich daraus nicht ziehen. Pflegebedürftige und deren Angehörige hätten keine Chance herauszufinden, welche Residenz gut sei. „Es fehlt an Transparenz und unabhängigen Testern.“
Deutschlandweit fallen mehr als 60 Prozent aller Heime in den entscheidenden medizinischen Bereichen negativ auf. „Correctiv“ hat insgesamt Daten von rund 13000 deutschen Pflegeheimen ausgewertet. „Wichtig ist, dass sich jeder klar macht, dass man sich nicht auf eine Note verlassen darf“, so Drepper, „viele Dinge sind den Behörden bekannt und werden nur nicht veröffentlicht.“

Und der Schluss-Satz ist auch wichtig, nicht unterzugehen:

 . „Die Pflegekräfte klagen schon lange über eine Überlastung. Wir wollen deutlich machen, unter welchem Druck die Pflege wirklich steht“, erklärt Drepper. Das Kieler Sozialministerium wollte die Rechercheergebnisse nicht kommentieren.
mwe/jup

Tja ... es ist eine Schande, und natürlich kommt diese Schande nicht von den Pflegeheimen selbst, sondern wird über den Medizinischen Dienst vom Staat so betrieben, in Jürgens und meinen Augen auch mit voller Absicht.

Traurige Grüße
Renate
 

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