Unter Umständen verstößt die Regierung damit auch gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Quelle:
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Es entsteht der Eindruck, dass die in der ministeriellen Bürokratie kreierten Regelsätze ganz bewusst an jeder Alltagswirklichkeit betroffener Menschen vorbeigeht. Weitere fünf Jahre soll damit eine Berechnungsweise zu den Regelsätzen fortgeführt werden, die von ver.di, dem DGB und den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden sowie zahlreichen Expert*innen abgelehnt wird. Auch schon vor der Corona-Krise waren die Regelsätze zu niedrig, sie schützen nicht ausreichend vor Armut und stellten kein ausreichendes Maß an sozialer Teilhabe sicher. Die Dringlichkeit, die Regelsätze grundlegend neu und bedarfsorientiert zu bemessen, nimmt in Zeiten der Corona-Pandemie stark zu, da das Alltagsleben auch für Grundsicherungsbeziehende wesentlich teurer wurde.
Des Weiteren hat die Bundesregierung die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23.7.2014 bisher nicht erfüllt. Das BVerfG hatte die angewandte Methodik der Regelbedarfsermittlung zwar als zulässig erklärt und die Höhe der Regelbedarfe als noch verfassungskonform befunden. Jedoch gab es dem Gesetzgeber auf, wichtige Aspekte (z. B. die Anschaffungskosten für eine Waschmaschine sowie Strom- bzw. Haushaltsenergiekosten) besonders zu berücksichtigen, um eine Bedarfsunterdeckung zu vermeiden. Genau diese Vorgaben werden auch nach Ansicht zahlreicher Expert*innen bisher nicht oder nicht bedarfsdeckend berücksichtigt.
Die nun geplanten Regelsätze für 2021 leisten keinen Beitrag zur dringend notwendigen Überwindung der Corona-Pandemie und somit zur Bekämpfung der Armut in Deutschland.
Deshalb muss der politische Druck auf die Bundesregierung und den Gesetzgeber im parlamentarischen Verfahren erhöht werden, damit die Regelsätze in der Grundsicherung tatsächlich bedarfsdeckend sind und somit auch einen Beitrag zur Überwindung von Armut und Ausgrenzung leisten.
[14.7.2020]
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Tja ...ob es was helfen wird?
LG
Renate
Neuberechnung der Regelsätze in der Grundsicherung
BMAS-Vorschlag für 2021 ist nicht akzeptabel
Anfang Juli 2020 sind die Vorschläge des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zur Neubemessung der Regelsätze ab Januar 2021 öffentlich geworden. Zur grundlegenden Neu-Bemessung der Regelsätze in der Grundsicherung ist der Gesetzgeber verpflichtet. Alle fünf Jahre werden mit den Ergebnissen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) aus dem Jahre 2018 des Statistischen Bundesamtes durch die politische Festlegung die Regelsätze neu ermittelt. Nach dem nun bekannt gewordenen Vorschlag des BMAS soll der künftige Regelsatz für einen Singlehaushalt von derzeit 432 Euro um 1,6 Prozent auf 439 Euro ab Januar 2021 steigen. Der Gesetzgeber (Bundestag und Bundesrat) entscheidet abschließend nach der parlamentarischen Sommerpause, welche Leistungen für eine menschenwürdige Existenz benötigt werden. ver.di kritisiert bereits seit Langem das von der Bundesregierung gewählte Statistikmodell (EVS) und fordert, dass die Berechnung fachlich fundiert und nicht politisch motiviert erfolgt. Denn bei einer sach- und bedarfsgerechten Ermittlung der Regelsätze würde dies im Ergebnis zu deutlich besseren Leistungen in der Grundsicherung führen und letztendlich auch Armut miniminieren.Situation der Betroffenen
In Deutschland sind über sieben Millionen Menschen, darunter zahlreiche Alleinerziehende, Erwerbstätige mit Niedriglöhnen, Erwerbslose, Erwerbsminderungsrentner*innen und in Altersarmut lebende Menschen auf Grundsicherungsleistungen angewiesen. Die tatsächlich notwendigen Bedarfe der betroffenen Menschen und ihre Lebenssituation insbesondere in der Corona-Pandemie spielten bisher in der Gesetzgebung keine wirkliche Rolle. Die Menschen fürchten neben ihrer finanziellen Existenz auch um ihre Gesundheit. Erschwerend kommt hinzu, dass dieser Personenkreis bei den in den letzten Wochen beschlossenen Sozialschutzpaketen nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Zahlreiche soziale Hilfsprojekte, wie Tafeleinrichtungen und Kleiderkammern, bei denen sich einkommensarme Menschen versorgen, sind aufgrund der Corona-Pandemie zeitweise geschlossen. Des Weiteren fehlt bei Haushalten, die mit der Grundsicherung auskommen müssen, jeglicher Spielraum, um mit besonderen Belastungen zurechtzukommen. Denn die Regelsätze sind „auf Kante genäht“, so dass ohnehin an der Angemessenheit zur Sicherung eines soziokulturellen Existenzminimums gezweifelt werden muss.Es entsteht der Eindruck, dass die in der ministeriellen Bürokratie kreierten Regelsätze ganz bewusst an jeder Alltagswirklichkeit betroffener Menschen vorbeigeht. Weitere fünf Jahre soll damit eine Berechnungsweise zu den Regelsätzen fortgeführt werden, die von ver.di, dem DGB und den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden sowie zahlreichen Expert*innen abgelehnt wird. Auch schon vor der Corona-Krise waren die Regelsätze zu niedrig, sie schützen nicht ausreichend vor Armut und stellten kein ausreichendes Maß an sozialer Teilhabe sicher. Die Dringlichkeit, die Regelsätze grundlegend neu und bedarfsorientiert zu bemessen, nimmt in Zeiten der Corona-Pandemie stark zu, da das Alltagsleben auch für Grundsicherungsbeziehende wesentlich teurer wurde.
Kritik an der Berechnungsmethode der Grundsicherung
Die Regelsatzberechnung gipfelte seit der Einführung des Hartz-IV-Systems in eine Geschichte manipulativer Eingriffe in die Statistik mit dem Ziel, die Regelsätze möglichst kleinzurechnen. Nicht die statistischen Ergebnisse nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe waren bisher Grundlage der Regelsätze. Beliebige Streichungen für einzelne Vergleichsgruppen und ermittelte Ausgaben wie beispielsweise für Balkonpflanzen, Buntstifte und Tierfutter, dienten dazu, den Regelsatz künstlich herunterzurechnen, um so die Kosten zu senken.Des Weiteren hat die Bundesregierung die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23.7.2014 bisher nicht erfüllt. Das BVerfG hatte die angewandte Methodik der Regelbedarfsermittlung zwar als zulässig erklärt und die Höhe der Regelbedarfe als noch verfassungskonform befunden. Jedoch gab es dem Gesetzgeber auf, wichtige Aspekte (z. B. die Anschaffungskosten für eine Waschmaschine sowie Strom- bzw. Haushaltsenergiekosten) besonders zu berücksichtigen, um eine Bedarfsunterdeckung zu vermeiden. Genau diese Vorgaben werden auch nach Ansicht zahlreicher Expert*innen bisher nicht oder nicht bedarfsdeckend berücksichtigt.
Gewerkschaftliche Forderungen
Wiederholt forderten ver.di und der DGB gemeinsam mit dem Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum, eine transparentes Berechnungsverfahren, das zu einer bedarfsgerechten Anhebung der Regelsätze führt. Gemeinsam wird ein System gefordert, das absichert und nicht verunsichert. Ein System, das die Menschen unterstützt, ihnen Mut macht und eine menschenwürdige Grundsicherung garantiert. Konkret wird gefordert:- Die Neuberechnung der Regelsätze auf der Basis des gegebenen Statistikmodells ohne manipulative Eingriffe in die Statistik und ohne willkürliche Kürzungen und Streichungen einzelnen Ausgabepositionen, wie sie derzeit praktiziert werden.
- Den Abgleich der Regelsätze mit der relativen Armutsgrenze von 60 Prozent des mittleren Einkommens. Bei Unterschreitung sind die Regelsätze entsprechend anzuheben.
- Die sofortige Einsetzung einer vom BMAS-unabhängigen Kommission mit dem Ziel der inhaltlichen Aufarbeitung der Frage, was Menschen in dieser Gesellschaft mindestens brauchen für ihren Lebensunterhalt.
Die nun geplanten Regelsätze für 2021 leisten keinen Beitrag zur dringend notwendigen Überwindung der Corona-Pandemie und somit zur Bekämpfung der Armut in Deutschland.
Deshalb muss der politische Druck auf die Bundesregierung und den Gesetzgeber im parlamentarischen Verfahren erhöht werden, damit die Regelsätze in der Grundsicherung tatsächlich bedarfsdeckend sind und somit auch einen Beitrag zur Überwindung von Armut und Ausgrenzung leisten.
[14.7.2020]
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Tja ...ob es was helfen wird?
LG
Renate
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