Samstag, 17. November 2018

Die Ungerechtigkeit Hartz IV und die Diskussion darum

Und die CDU will nach wie vor daran festhalten

Tja .... wer Hartz IV nicht persönlich kennt, weiß sicherlich gar nicht, was die Menschen, die davon betroffen sind, so wütend macht.

Jürgen und ich bloggen nun seit Jahren im Prinzip in voller Absicht und auch sehr offen über unser Leben in Hartz-IV-Deutschland als davon Betroffene.

Wir stocken seit 2007 auf.

Das fing damals damit an, dass mein Ex, der mir nach 36 Ehejahren ja eigentlich zu Anfang ca. 600 Euro im Monat an Ehegatten-Unterhalt zahlen musste, schon nach 2 Monaten davon nur noch 400 bezahlte, danach dann gar nichts mehr.

Ich fand weder einen Anwalt, der bereit war, mich bei einer Unterhaltsklage zu unterstützen noch hätte mir das viel genutzt, denn schon sehr schnell verlor mein Ex dann erstmal seinen Job und das bedeutet nach der heutigen Gesetzeslage für eine Ehefrau, egal wie lange sie mit so einem Mann mal verheiratet war und wie viele Kinder da in der Ehe groß gezogen worden sind ... auch wenn der hinterher wieder Arbeit findet ... keinen Cent Unterhalt danach.

Selbst eine Geliebte mit nem neuen Kind, die dann mit dem Ex zusammenlebt, hat Vorrang.

Wir haben schon tolle Gesetze in diesem Land.

Jürgen machte mit der Arbeit im Prinzip damals Monat für Monat minus, denn der hatte sich überreden lassen, was mit Leiharbeit zu machen .. angeblich ja als Sprungbrett zurück in den Job.

Das war aber umgekehrt .. wer jahrelang statt im Job erstmal als reiner Hilfsarbeiter tätig war, schadet sich .. der findet nie mehr in den Job zurück, der findet dadurch allenfalls noch viel schneller raus, weil sowas in den Zeugnissen alles, aber nicht hilfreich ist.

Finanzieren konnten wir Jürgens Leiharbeit, die ohne Auto und Endlos-Kilometer sonstwohin gar nicht machbar gewesen wäre, wo noch Handykosten, viele Druckkosten für immer wieder neue farbige Straßenkarten und sonstwas dazukamen, eigentlich nur deshalb, weil ich damals meine Mama pflegte und Pflegegeld ja nicht aufs Hartz IV angerechnet wird.

Aber ist es dafür da ???? Eigentlich ja wohl nicht.

Irgendwann wurde Jürgen in einer Scheibenfabrik durch die schwere Arbeit so krank, dass er mehrmals hintereinander dann mit einer schlimmen Sehnenscheidenentzündung in beiden Unterarmen krank geschrieben war .. und flog bei Randstad deshalb dann raus.

Uff !!!!

Versucht wurde bei uns beiden immer wieder, uns in Leiharbeit reinzuzwingen .. mich trotz Pflegefall im Haus teils sogar Vollzeit in Flensburg .. was ich in der Zeit mit meiner Mutter hätte machen sollen, keine Ahnung.

Ich bin grundsätzlich mit dem Sozialgericht gegen solche Versuche gegenangegangen .. hatte damit auch Erfolg.

Jürgen hat schon wegen seines Alters später auch keine Firma mehr eingestellt, die nur Leiharbeit anzubieten hatte.

Man ist doch heute ab 50 schon so gut wie beruflich tot .. aber Rente gibt es erst mit 67 oder für uns Zwischenjahrgänge ein wenig, aber nicht viel früher.

Und was ist in der Zwischenzeit ????

Schikane über Schikane.

Man kriegt weder die Bewerbungskosten für Nebenjobs ersetzt noch Vorstellungsgespräche bei möglichen Vollzeitjobs, wo man nicht vorher einen Antrag gestellt hat, die Kosten erstattet zu kriegen. Täte man das .. so einen Job kann man doch in die Tonne treten. Wer nicht sofort reagiert, wenn er sich wo vorstellen darf, kriegt heute doch den Job ganz sicher nicht .. aber ohne Antrag nichtmal für sowas Kostenerstattung.

Dann das Gelaber bei jedem Gespräch .. oh man muss doch was tun und gerade im Alter ist man ja so gefragt .. ach ja ????

Dann diese Scheiß-Weiterbildungskurse, wo man zuweilen monatelang mit teils kompletten Analphabeten zusammen angeblich irgendwas lernen soll.

Wer das auch nur einmal miterlebt hat, der kriegt die kalte Wut und versucht natürlich, sich vor dem nächsten Hirnlos-Kurs zu drücken .. nur mit Pech muss man dann mit Sanktionen rechnen genauso wie dafür, dass man bei einem überhaupt nicht passenden Jobangebot nein sagt statt zumindest zu versuchen, sich da zu bewerben .. und man kriegt laufend Jobangebote, die wirklich gar nichts damit zu tun haben, was man gelernt hat oder überhaupt kann .. oder aber sogar dafür, falls mal die Post nicht ankommt und man dann so einen Nerv-Termin verpassen sollte .. dafür können einem 3 Monate 10 % vom Regelsatz abgezogen werden, obwohl man gar nichts dafür kann .. denn die Post ist heute auch nicht mehr das, was sie mal war.

Jürgen und ich sind bisher nie sanktioniert worden ... trotzdem kennen wir Hartz IV jetzt seit 11 Jahren und alle Konsequenzen.

Dazu gehört auch, dass man mangels Geld wirklich so gut wie alle sozialen Kontakte verliert .. auch zur eigenen Familie .. wer nichts mehr bezahlen kann, ist weg vom Fenster.

Sagt man das, ist man der Böse ...ich kann eindeutig beweisen, dass ich viel Kontakt zu meiner Familie hatte, der schlagartig sehr schnell immer weniger wurde, als ich in Hartz IV rutschte .. ich bin deshalb aber kein anderer Menschen geworden .. ich bin einfach nur arm und lebe in einem Sozial-Ghetto.

Bei Jürgen ist das nicht anders.

Wir sind beide Scheidungs-Opfer .. halten uns klar aneinander fest .. aber die Folgen der Scheidung haben jeden von uns in genau diese Situation gebracht, aus der man ab einem gewissen Alter auch gar nicht mehr rauskommt.

Egal was man arbeitet .. die Freibeträge sind so niedrig .. da bleibt nicht viel . und die wurden seit der Einführung von Hartz IV anders als die Regelsätze nie !!!! raufgesetzt, obwohl auch da ja die Inflation zuschlägt.

Die Regelsatzerhöhungen oder Mietobergrenzen sind ebenfalls ein schlechter Scherz und beides ist viel zu wenig .. man kann damit überleben ... aber von dem, was man unter Teilhabe am Leben versteht .. davon ist nichts mehr übrig.

Bis unsere Regierung Hartz IV mit Chance abschaffen wird .. nun ja .. bis dahin sind Jürgen und ich vermutlich beide Rentner und durch die Folgen von jahrelang Hartz IV dann vermutlich, falls überhaupt, kaum über dem Grundsicherungssatz. Wir werden bis zu unserem Tod weiter so leben müssen wie jetzt auch .... ohne Teilhabe.

Das wird auch vielen Rentnern, die Hartz-IV-Deutschland mitgemacht haben, egal in welchem Alter, irgendwann so gehen.

Trotzdem für unsere Nachkommen, egal ob sie sich um einen kümmern oder nicht, schon gut, dass jetzt darüber geredet wird, dieses Unrechtssystem endlich abzuschaffen.

Aber die CDU ist immer noch dagegen ... nun ich hoffe, sie schaufeln sich so endlich ihr eigenes Grab.

Gut ist, dass die Grünen, SPD und Linken inzwischen miteinander sprechen und ein Gegengewicht ausarbeiten.

Das ist ein Hoffnungsschimmer für dieses leidgeplagte Land und allemal besser als die rechtsradikale Gefahr, die ja auch nur davon kommt, dass wir Hartz-IV-Deutschland haben.

Ich habe unten diverse Artikel zum Thema zusammengestellt .. werde daraus noch ein paar wichtige Teile rauskopieren .. aber alles wäre zu lang .. also bitte selbst lesen.

https://www.tagesspiegel.de/politik/debatte-um-hartz-iv-reform-ein-hilfesystem-das-ausgrenzt-ist-keine-hilfe/23632880.html
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Ein Hilfesystem, das ausgrenzt, ist keine Hilfe

Hartz IV wird als demütigend empfunden, die Empfänger fühlen sich oft als Versager. Das ist das Schlimmste daran.
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Es geht oft um Geld, wenn es um Hartz IV geht, um Summen, die reichen oder nicht, die angehoben gehörten oder längst zu üppig seien. Dabei ist das Geld wahrscheinlich nicht der gewichtigste Grund für den miserablen Ruf von Hartz IV und die aktuellen Selbst-Aufforderungen aus der SPD, den Sozialstaat zu reformieren. Sondern die Art und Weise, wie Hartz IV in die Leben der Menschen, die damit leben mussten oder müssen, eingreift: übermächtig, rücksichtslos, bisweilen anmaßend.
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„Man wurde ständig unter Druck gesetzt“, sagte eine Hartz-IV-Bezieherin im Tagesspiegel, von „Gängelei“ ist in den Online-Kommentaren zu dem Text die Rede.
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Mehr siehe im Link.

https://www.tagesspiegel.de/politik/agenda-2010-armut-macht-unsichtbar/23624304.html
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 Kann man von Hartz IV leben? Zwei betroffene Frauen reden über ihr Schicksal und was geändert werden sollte.
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Gaby F. litt jahrelang unter starker Migräne und Depressionen, bis sie nicht mehr arbeiten konnte. Nachdem die heute 59-Jährige ein Jahr Hartz-IV bezogen hatte, empfängt sie nun seit vier Jahren Erwerbsminderungsrente, 920 Euro pro Monat. Das reicht jedoch vorne und hinten nicht, daher kommen noch 200 Euro vom Amt dazu.
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Einerseits ist sie froh, jetzt Rente beziehen zu können: „Hartz IV war viel belastender, man wurde ständig unter Druck gesetzt.“ Jetzt müsse sie nur noch zweimal im Jahr zum Amt und sich „nackig machen“, wie sie sagt, also alle Kontoauszüge vorlegen und dem Amt zur Kontrolle übergeben. Andererseits ermöglicht auch diese Rente kein Leben in Würde für die ehemalige Verwaltungsfachangestellte, die 20 Jahre im öffentlichen Dienst gearbeitet hat. Für Reparaturen oder Stromnachzahlungen sei kein Geld übrig, sagt sie.
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Das Schlimmste an der Armut aber sei der soziale Rückzug: „Am Anfang denkt man sich noch Ausreden aus, warum man mit Freunden nichts unternehmen kann. Man schämt sich zu sehr zuzugeben, dass man kein Geld zum Kaffee trinken hat. Irgendwann hören die Freunde auf zu fragen.“
Das Problem des sozialen Rückzugs kennt auch Fanny H. Nur ist sie damit nicht allein, Hartz IV betrifft auch ihren 13-jährigen Sohn. Nach Abzug von Miete und der Anrechnung des Kindergeldes bleiben den Beiden noch 700 Euro, das sind etwa 23 Euro pro Tag. Die gelernte Krankenschwester studiert in Teilzeit Soziale Arbeit, ohne die Unterstützung ihrer Mutter wäre das nicht möglich. Nebenher geht sie noch putzen. Natürlich ist die 33-Jährige dankbar: sie hat eine Wohnung, sie kann heizen, beide sind gesund.
 Also alles nicht so schlimm, kann man von Hartz-IV gut leben? Die Antwort ist ein klares Nein: „Alles auf der Welt kostet Geld“, sagt sie. Bis auf die Krankenversicherung sei keine Versicherung möglich, allein die Schulbücher kosteten 120 Euro pro Schuljahr, dazu kämen die Fahrkarte, die Mittagsbetreuung. Von Freizeit, Teilhabe, Hobbies gar nicht zu reden. Natürlich gibt es Fördervereine, die unterstützen können, aber die Scham bleibt. Auch das Jobcenter sei keine Hilfe. Das sei nur ein Ort der Willkür, da sind sich beide Frauen einig.
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 Mehr wieder im Link nachlesen.

https://www.gmx.net/magazine/politik/spd-chefin-andrea-nahles-buergergeld-hartz-iv-33422582



SPD-Chefin Andrea Nahles möchte statt Hartz-IV ein "Bürgergeld" einführen. Damit hat sie ihre Vorstellungen für eine Ablösung des Hartz-IV-Systems konkretisiert. Konkrete finanzielle Ideen unterbreitete Nahles indes nicht - im Gegensatz zu Grünen-Chef Robert Habeck.

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SPD-Chefin Andrea Nahles hat ihre Vorstellungen für eine Ablösung des Hartz-IV-Systems konkretisiert. "Die neue Grundsicherung muss ein Bürgergeld sein", schreibt sie in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Samstag).
Die Leistungen müssten klar und auskömmlich sein, Sanktionen müssten weitgehend entfallen. Das stärke den sozialen Zusammenhalt im Land.
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 Viele in der SPD sehen einen Grund für den Vertrauensverlust in den Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Regierung von Kanzler Gerhard Schröder - die zwar den Arbeitsmarkt flexibilisierten, aber auch zu einer Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse führte. 
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Während die SPD erst am Anfang einer Debatte steht, sind die Umfragekönige der Grünen schon weiter. Parteichef Robert Habeck hat eine grundlegend neue "Garantiesicherung" vorgeschlagen. Der Vorstoß solle in die Diskussion über ein neues Grundsatzprogramm der Grünen einfließen.
Mit der neuen Sicherung sollen Menschen nicht mehr gezwungen werden, Termine im Jobcenter zu machen oder Arbeit zu suchen. Beratung und Weiterbildung sollten freiwillig sein. Weiter nötig sein sollten aber ein Antrag und der Nachweis der Bedürftigkeit.

Derzeit bekommen rund sechs Millionen Menschen Sozialleistungen nach dem Hartz-IV-System, das die Grünen einst mitgetragen hatten. Habeck schlägt weitere Änderungen vor, etwa für mehr Zuverdienstmöglichkeiten.
Eine Anrechnung von Vermögen auf Hartz IV soll danach nur noch geprüft werden, wenn dieses 100.000 Euro pro Person übersteigt. Je nach Ausgestaltung der neuen Sicherung dürften mindestens vier Millionen zusätzliche Haushalte Ansprüche erhalten. Insgesamt sei mit Kosten von 30 Milliarden Euro zu rechnen.
Mit Sorge wird bei der SPD betrachtet, wie die Grünen sich im Stile einer Volkspartei versuchen, breiter aufzustellen. Nahles hat kein klares Alternativkonzept, ganz zu schweigen von Finanzierungsideen. Ohnehin wird in der großen Koalition mit der Union in dem Punkt kaum etwas durchzusetzen sein.
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 "Wir dürfen und werden Hartz IV nicht abschaffen", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) der "Welt". Die Reformen hätten geholfen, die Arbeitslosigkeit deutlich zu reduzieren. 
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 Nahles will weniger Bürokratie und Härte. "Zum Symbol für das Misstrauen des Staates gegenüber den Grundsicherungsbeziehern sind die Sanktionen geworden", kritisierte sie. "Sie wirken, als würde den Leistungsbeziehern von vornherein unterstellt, betrügen zu wollen."
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Mehr dann wie immer im Link oben.

https://deutsch.rt.com/inland/79465-hartz-iv-debatte-nimmt-fahrt/
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Hartz IV-Debatte nimmt Fahrt auf: Linke ruft SPD und Grüne zu Dialog auf





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