Dienstag, 16. April 2019

Unsere Kleinstadt soll mal ne Drogenhochburg gewesen sein ... jetzt aber nicht mehr

Das habe ich gerade eher per Zufall entdeckt


 War mal schauen, was eigentlich die beiden Streetworker der Diakonie Preetz so machen und fand dabei folgenden Spruch, der mich doch ins Grübeln brachte .. warum erzähle ich Euch gleich.

http://www.taz.de/!5500741/

Ihr könnt das ganz lesen, wenn Ihr da auf nicht jetzt oder so drückt .. dann müsst Ihr die Taz nicht gleich abonnieren.


Ein kleiner Abschnitt daraus, wo ich doch sehr gestaunt habe dann, den man auch in verschiedenen anderen Berichten anderer Zeitungen wiederfindet.

" Früher sei Preetz eine Drogenhochburg gewesen. „Heute ist das Kindergarten.“ Die Stadt hat trotzdem eine zweite Streetworker-Stelle geschaffen.
 Es geht darin auch darum, dass unser Marktplatz eine Weile mal zum sogenannten gefährlichen Ort ernannt wurde, aber inzwischen da Entwarnung gegeben worden sei.

Eine Weile sind 2017 in Preetz jede Nacht 30 Polizeibeamte im Einsatz gewesen, jetzt aber nicht mehr .. so schlimm war das zu der Zeit wohl mal.

Nun ja ...es soll jetzt also ruhiger geworden sein, ist ja schonmal gut.
 Aber ich will Euch mal, weil ich das fand, erzählen, wie ich eigentlich dazu gekommen bin, nach meinem späten Abitur mal eine Weile Psychologie zu studieren und mir als Nebenjob auch ganz gezielt damals den in der Suchtklinik Freudenholm-Ruhleben auszusuchen, um so schonmal Einblick in das Thema Behandlung von Drogenproblematik an sich zu bekommen, während ich studiert habe.

Das war nicht 2017 .. das ist irre lange her .. aber auch damals fand ich schon, dass der Drogenhandel bei uns auf den Schulen und auch so blühte ohne Ende und im Vergleich zu früher, als ich jung war, echt krass zugenommen hatte .. hier in Preetz wohlgemerkt.
 Tja ... Bilder von unserer beschaulichen Kleinstadt, wovon der Artikel oben ja handelt.

Nun ja .. als ich ein Teenager war, das war der Beginn der sogenannten 68iger Generation oder auch Hippiezeit, und damit auch der Beginn der Zeit, dass überhaupt Jugendliche es als chic empfunden haben, auch mal Hasch zu rauchen oder gar so gefährliche Dinge zu konsumieren wie LSD.

Hasch habe ich im Leben durchaus auch mal geraucht, aber so wenig, dass ich sicher sagen kann, ich kann das an meinen 10 Fingern abzählen .. und zwar bis heute.
 Geraucht habe ich nie und dass ich mal betrunken war, ist sicher noch seltener vorkommen wie, dass ich mal bekifft war .. also das kann ich garantiert an einer Hand abzählen.

Ich bin dabei keine komplette Antialkoholikerin. Ich trinke noch heute gern mal ein Glas Sekt zu Silvester oder auch mal nen Cocktail, wenn sich das so ergibt .. aber auch oft monatelang nicht einen Tropfen Alkohol und wenn, dann schon lange nie zu viel. Das ist mir allenfalls in meiner Jugend mal passiert, dass es zu viel war und mir dann hinterher schlecht.
 Drogen wie Hasch kriegte man, als ich jung war, in Preetz meines Wissens gar nicht zu kaufen, aber wir wussten als Teenager, dass es in Kiel zum Beispiel in der Bergstraße Lokale gab, wo man sowas kaufen konnte.

Das ich mit 35 nochmal zur Schule ging, kam dann über verschiedene Aspekte zustande genauso wie dann meine Entscheidung, nach dem Abi Psychologie zu studieren und gezielt in einer Suchtklinik nach einem Nebenjob zu fragen.
 Nur einer von mehreren Gründen, dass ich überhaupt eine Weile Nur-Hausfrau war, war die Tatsache, dass mein Jüngster mit spastischen Lähmungen auf die Welt kam und das Beturnen etwas war, was meine da doch schon recht alte Mutter nicht hinbekommen hat. Einen Spastiker zu beturnen, dazu gehört viel Geduld und Feingefühl. Man kann das Nervensystem ja anregen, dass andere als die toten Nervenzellen nun bestimmte Aufgaben übernehmen, aber Babys und Kleinkinder stehen auf diese Art Übungen selten besonders. Man muss da also mit Geduld und sehr liebevoll rangehen, damit sie immer wieder mitmachen.
 Es gab noch mehr Gründe, weshalb ich damals zusätzlich auch zu Hause blieb, aber das kann man in meiner Lebensgeschichte Bilanz nachlesen. Das Leben ist ja immer eher komplex und bei jeder Entscheidung im Leben spielen meistens viele Faktoren zusammen. So war das auch bei meinem Entschluss, erstmal zu Hause zu bleiben und mich selbst um die Familie zu kümmern.

Später wollte ich gern Teilzeit arbeiten, suchte aber vergeblich nach dem optimalen Job vormittags in Preetz, der auch zu meiner Familiensituation passte.
 Als dann meine Große Vanessa überlegte, statt einer Ausbildung zur Tierarzthelferin zu probieren, das Abi auf dem Fachgymnasium Preetz zu machen und später Tiermedizin zu studieren, ging ich zunächst nur aus einem Grund auf diese Schule. Ich hatte per Zufall erfahren, ich kann das auch mit 35 noch tun, wollte schonmal eine Weile dabei gewesen sein, bis meine Tochter da anfangen würde, um ihr dann besser bei den Hausaufgaben helfen zu können .. weil ich eben schon als Kind immer eine meistens in fast allen Fächern Einser-Schülerin gewesen war und mir dachte, ich packe das mit der 1 vorm Komma.
 Meine damaligen Mitschüler waren eigentlich so gut wie alle vollkommen normal, nicht drogenabhängig, gute Schüler auf der Realschule gewesen oder sogar sehr gute .. und dann ging es los mit dem, was heute ganz normal ist ... gut ein Drittel kommt nur überhaupt durch und mit guten Noten, die für einen Studienplatz reichen, davon noch viel weniger. Der Rest wird auf dem Weg zum Abi erbarmungslos abgesägt.

Wenn mal als Elternteil anders als ich nicht dabei war, man begreift diesen Druck vermutlich gar nicht, unter dem die Kids da leiden müssen.
 Dazu kommt dann die Angst der Eltern, wenn ihre Kinder es nicht schaffen, ja was wird denn in einer Leistungsgesellschaft wie der heute aus ihnen .. und sie bauen entsprechend Druck auf.

Ich musste bei Elternabenden immer lachen, wenn der Direx der Preetzer Realschule davon sprach, man hätte "den Drogendealer", der die Drogen vom Fachgym durch den Tunnel rüber zum Friedrich-Schiller-Gymnasium und zur Theodor-Heuss-Realschule gebracht hätte, ja erwischt.

Ich habe gesagt, guter Mann, ich bin da Schülerin und meine Großen auch ....
(meine beiden Kleinen waren ja noch auf der Realschule und sind erst später rüber) .. es gab da nicht einen Drogendealer, es gibt da in jedem Jahrgang ganz viele davon.

Das hat mir schon damals nur keiner wirklich glauben wollen.

Nicht nur aus meinem Jahrgang sind viele meiner Mitschüler übelst drogensüchtig geworden .. das habe ich später genauso bei jedem meiner Kinder miterlebt.

Man konnte sonstwas an Zeugs in Preetz unmittelbar auf den Schulen kaufen und auch an vielen anderen Orten. Und im Gegensatz zu früher in meiner Jugendzeit waren dann nebst Hasch auch ganz oft diese Partydrogen à la Extasy und Co dazwischen.

Viele Begriffe, die die Jugendlichen heute benutzen, um diese Partydrogen noch zu unterscheiden, die kannte ich über meine Kinder früher noch nicht.

In Kiel kriegte man klar auch Heroin oder Koks usw. Ich glaube in Preetz eher nicht so, kann mich aber irren oder der Freundeskreis meiner Kinder war einfach nicht so, dass diese Gruppe dazugehört hat.

Ich habe aber miterlebt, wie diese Dinge binnen kürzester Zeit diese Teenager psychisch und auch körperlich komplett zerstört haben.

Und das war für mich dann der Auslöser, nach meinem Abi, was ich vorher gar nicht vorgehabt hatte, doch zu studieren, und zwar gezielt Psychologie und mir zwecks Aneignung von mehr Wissen zum Thema auch schonmal diesen Job in einer Suchtklinik zu suchen.

Ich war ja in einem Alter, dass ich eher die Mutter dieser Generation sein konnte . .und ich bin sowieso eher son Muttchen-Typ und fühlte mich so hilflos, als ich dabei zugesehen habe, wie einer nach dem anderen den Bach runterging.

Ich dachte, das ist eine Aufgabe, da zu helfen. So kam ich zu diesem Studienfach.

Für meine große Familie war das aber alles zu viel und ich habe es dann später doch aufgegeben, weil ich mir sagte, man kann nicht alles tun und ich habe genug damit zu tun, mich um meine eigenen Kinder und den Rest der Familie zu kümmern. Mehr schaffe ich nicht.

Ob Preetz schon damals ne Drogenhochburg war ????

Ich weiß es nicht ...aber viele Drogen wurden eben auch schon ab 1988, als ich mit dem Abi anfing und auch später in Preetz gehandelt und auch immer noch, als meine beiden Jüngsten noch dabei waren.

2017 scheint es also nicht anders gewesen zu sein oder noch schlimmer.

Tja ... nicht leicht, heute Kinder großzuziehen.

Eins erzählt der ältere der beiden Streetworken in dem Text da auch, was ich so echt bestätigen kann.

Noch ein paar Zitate:

"Viele seiner „Kunden“, so nennt Wiese die Jugendlichen, kommen aus kaputten Familien. Einheimische und Menschen ausländischer Herkunft, die oft die Schule schwänzen und irgendwann ohne Abschluss auf dem Markt abhängen. „Mal klaut einer ne Flasche Korn, mal gibt’s ne kleine Körperverletzung, mehr nicht.“"
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"Es gebe mehrere Gangs hier: „die Deutschen“, „die Kanaks“ und „die Flüchtlinge“. Untereinander gäbe es keinen Stress. Nur die Polizei mache immer Stress. „Wir wollen in Ruhe hier sitzen, wir tun niemandem weh. Wo sollen wir sonst unser Bier trinken?“, sagt einer der Jungs.

Letzten Winter gab es ein Krisengespräch im Rathaus. Bürgermeister Demmin hatte 20 Jungs und Mädchen eingeladen. Er bot ihnen einen Treffpunkt zum Abhängen an: das „Haus am Sandberg“. Streetworker Rüdiger Wiese sollte alles beaufsichtigen. Die Jugendlichen arbeiteten selbst die Hausordnung aus, die härter war, als Wiese es gedacht hätte.

Seit Februar gilt das Angebot – bis heute wartet Rüdiger Wiese auf seinen ersten Kunden.

Die Lage ist undurchsichtig

Die Jungs am Markt sagen: „Was sollen wir da? Trinken unter staatlicher Aufsicht? Nee, danke.“"
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Aus einem anderen Text über die Gründe:

https://www.der-reporter.de/ploenpreetz/artikel/mehr-ps-fuer-die-streetworker/ 

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" Sorgen macht sich Rüdiger Wiese, weil immer Jüngere zu Drogen greifen und inzwischen bereits 12-jährige Konsumenten anzutreffen sind. Gleiches gilt für Alkohol. Einen traurigen Rekord stellte ein erst 13-jähriges Mädchen auf: „Bei ihr wurden 2,6 Promille festgestellt“, blickt Wiese zurück. Eine lebensgefährliche Situation.
„Die Eltern haben keine Zeit mehr, sich um die Kids zu kümmern“, stellt er fest. Die würden „so am Rande mitlaufen“. Mit den bekannten Folgen. „Sie haben meist auch viel Ausgrenzung erfahren“, fügt Pascal Müller hinzu. „Normale Hilfe“ reiche da nicht aus. Zudem werden die Schwierigkeiten mit zunehmender Sucht komplexer. Mittellos und ohne Perspektiven potenzieren sich die Probleme bekanntermaßen, zumal der „Stoff“ finanziert werden will. Zu Terminen beim Jobcenter gingen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen gar nicht erst hin, erzählt Wiese. Mit seinem Kollegen Pascal Müller hat er aktuell regelmäßig um die 60 Schützlinge unter seinen Fittichen, die zahlreichen „losen“ Klienten gar nicht erst mitgerechnet. Treffpunkt ist das Haus am Sandberg, Sandberg 2 in Preetz. Hier kommen die Hilfesuchenden meist von sich aus auf die Streetworker zu und nehmen Kontakt auf. Dass dies so gelingt, basiert auf einer stabilen Vertrauensgrundlage, für die eine wesentliche Spielregel gilt: „Es ist wichtig, sie so, wie sie sind zu akzeptieren“, unterstreicht Pascal Müller.
Über die Schön-Stiftung: Die Stiftung wurde 1999 von Inge und Paul Schön für wohltätige Zwecke gegründet. Bis 2018 wurden insgesamt 800.000 Euro satzungskonform eingesetzt. Die diskrete „Hilfe im Stillen“ wurde unter anderem zur Unterstützung der Arbeit der Preetzer Tafel, für Gewaltpräventionsmaßnahmen, Sicherstellung der Hausaufgabenhilfeangebote oder Deutschförderung ausländischer Familien eingesetzt und nicht zuletzt auch als dringend benötigte Zuschüsse für ganz alltägliche Dinge des Lebens, etwa Bekleidung, Möbel und Gerätschaften."
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Tja ....das da oben mit die Eltern haben keine Zeit mehr erinnert mich verschärft an die beiden Kinder, die wir zuletzt als Tüdelkinder mit bei unseren Pferden hatten, mit denen unsere Pferde überhaupt nicht klar kamen und die ich, so leid mir das tat, hab wegschicken müssen, weil die hyperaktiv, nicht konzentrationsfähig und so schwierig waren, dass es einfach so nicht ging mit Pferden, die ja keine Therapiepferde und Jürgen und ich auch keine ausgebildeten Reittherapeuten waren.

Die Eltern standen vom Jobcenter her beide so unter Druck mit ihrer Arbeit, dass es trotz Vollzeitjob vom Papa und zig Nebentätigkeiten der Mama Tag und Nacht vorn und hinten und schon gar nicht mehr auch noch reichte, um Zeit für die Kinder zu haben.

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Ein Grund, warum ich Hartz IV und den Druck gerade auf unsere Familien so sehr kritisiere.

LG
Renate
 

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