Jürgens und meine Erfahrungen mit dem herkömmlichen Abitur und Studium ...
... und dann die Überlegung, dass heute so viel Mühe und Arbeit nichtmal
mehr reichen soll, um damit bis zur Rente durchzukommen.
Was denkt sich dieser Staat eigentlich, wie einfach es ist, sich komplexes Wissen anzueignen?
Unten mal ein paar Links zu Texten über das Thema Digitalisierung der Arbeitswelt und die dazu gehörende Flexibilität, immer mehr Bildung, die dazu erforderlich ist, von vornherein, aber auch durch ständige Weiterbildung, weil nichts mehr langlebig, sondern alles immer wieder vermutlich nur von kurzer Dauer sein wird.
Über das Thema mal konkreter nachzudenken, kam ich, als mir kurz vor Weihnachten nun ein Brief der Deutschen Rentenversicherung ins Haus flatterte, die wohl offensichtlich damit angefangen haben, meinen Rentenantrag zu bearbeiten und nun noch Fragen zu meinem Hochschulstudium Psychologie und den in dieser Zeit ausgeübten Jobs haben.
Die wollten nach Jahrzehnten nun von mir wissen .. ernsthaft .. wie viele Wochenstunden ich denn genau im Psychologiestudium studiert hätte, wie viele Stunden ich für die Hausaufgaben beziehungsweise das Lernen neben Seminaren und Vorlesungen zugebracht hätte und wie viel Zeit für den benötigten Weg zur Uni und zurück .. was noch am einfachsten zu beantworten war.
Dann kamen noch Fragen nach meinen ja versicherungspflichtigen Jobs damals, wie ich denn die mit im Studium untergebracht hätte.
Ich habe denen geantwortet, ja woher soll ich denn das jetzt noch ganz genau wissen. Die Vorlesungen fingen nicht immer zur gleichen Zeit an, die hörten auch nicht immer zur gleichen Zeit auf .. manchmal ging es schon früh morgens los, manchmal vormittags, manchmal hatte ich irgendwann nachmittags Schluss, manchmal auch erst mitten in der Nacht .. üben musste ich viel, denn Statistik und Physiologie waren nicht nur schwer, ich hatte da auch mit Professoren zu tun, die sabbelten so schnell, dass man selbst mit Stenografie nicht in der Lage war, das so schnell alles mitzuschreiben .. und unendlich viel Zeit damit zugebracht hat, sich in der Uni-Bibliothek dann in den entsprechenden Büchern, die einem genannt wurden, den Rest zusammenzusuchen.
Jobben nebenbei .. ja das Geld wurde gebraucht, man hat das irgendwie hinbekommen .. an den Wochenenden, wenn möglich, denn es gab ja an der Uni auch Wochenendseminare von Zeit zu Zeit .. in den Semesterferien oder irgendwie anders .. so wie es halt ging.
Das habe ich erlebt und schließlich beschlossen, bei beiden Studiengängen, auch dem nächsten, wo ich es nochmal auf einer Fachhochschule mit Sozialpädagogik versucht habe, was auch nicht viel anders und nicht mit den noch wirklich festen Unterrichtszeiten am Fachgymnasium zu vergleichen .. also extrem familienfeindlich war, dann doch trotz Abinote 1,9, worauf ich mal echt stolz gewesen bin, nicht mehr weiterzustudieren.
Jürgen hat anders als ich, denn er hatte ja nicht Familie und Kinder, sondern hat gleich nach dem normal gemachten und nicht wie bei mir nachgemachten Abitur, begonnen Chemie zu studieren, sehr lange durchgehalten .. auch laufend nebenbei jobben müssen, um sich Geld zu verdienen ... und trotzdem ganz am Ende das Studium abgebrochen, weil das Fach Matrizenrechnung einfach nicht sein Ding war und er das nicht gepackt hat .. oder einfach nicht bei diesem Professor.
Danach hat er dann eine Weile nur so gejobbt und dann eine Ausbildung zum CTA gemacht.
Können sich Menschen, die heute Politik machen, eigentlich vorstellen, dass schon ein guter Realschulabschluss Arbeit macht? Dass ein gutes Abitur zu schaffen, richtig viel Arbeit macht? Dass man endlos lange damit zu tun hat, ein Studium abzuschließen, falls man das überhaupt schafft?
Und dass man danach vielleicht ganz gern dann auch die Früchte von so viel Arbeit genießen würde?
Zum Beispiel, indem man auch einige Jahre dann anständig Geld im so hart erarbeiteten Studienberuf verdient?
Geht das mit der Digitalisierung aber so weiter wie unten beschrieben, dann wird das nicht so sein, dass junge Leute, die sich unter viel Fleiß, noch mit Nebenjob neben dem Studium, wenig Bafög und so weiter und so fort echt lange durchgequält haben, um endlich mit dem Studium fertig zu sein und stolz drauf sind .. und das zu recht ...auch danach lange die Früchte dieser Mühen ernten können.
Denn schon schnell ist das überhholt, was sie im Studium gelernt haben.
Dann geht es los mit weiterüben, mehr lernen, am Ball bleiben.
Was ich da raus lese ist ... viele Jobs werden später so aussehen wie der, den Jürgen und ich machen.
Man arbeitet als Solo-Selbständiger völlig flexibel, schaut wo man bleibt.
Man kennt keinen Kündigungsschutz mehr, keine festen Arbeitszeiten, ist weder sicher sozialversichert noch hat man einen festen Urlaubsanspruch oder ist bei Krankheit abgesichert.
Wie man später an Rente kommt, bleibt jedem selbst überlassen.
Früher mal haben Jürgen und ich für eine Firma mit festem Firmensitz in Mainz gearbeitet ...es gab zu Weihnachten noch so kleine Gewinnspiele .. es gab noch so einiges, was irgendwie persönlich war.
Aber schon damals war es weder erwünscht, dass wir unsere Kunden noch unsere Kollegen kennenlernen .. und das ist in keinem anderen Portal nun anders oder besser, im Gegenteil. Das Portal, für das wir uns entschieden haben, ist in unseren Augen das mit Abstand Autoren-freundlichste.
Transparenz .. das ist ein Fremdwort in diesen neuen digitalen Jobs.
Heute wird vieles bei uns in Amerika erledigt.
Es gibt kein Weihnachtsgeld, keine persönlichen Grußkarten zum Geburtstag, keine kleinen Gewinnspiele oder Boni mehr.
Es gibt noch ein Forum, wo aber kaum noch jemand von den Autoren reinschaut . ich mache das noch gelegentlich .. Jürgen noch seltener .. und eine Hand voll von uns ebenso.
Wie viele wir wirklich sind, weiß nur der Arbeitgeber oder wie immer man so ein Portal dann auch nennen kann.
Eins ist klar .. ohne Abi und Studium wäre diese Tätigkeit vermutlich kaum zu schaffen.
Man braucht ein hohes Maß an Allgemeinwissen, an Lernbereitschaft, an Intelligenz und und und .. um überhaupt in der Lage zu sein, sich auch nur ein Taschengeld auf diese Weise zu verdienen.
Mein Mann und ich haben das beide .. auch wenn wir beide kein abgeschlossenes Studium haben .. aber selbst damit ... viele Menschen kommen schon heute damit nicht mehr bis zur Rente durch.
Und das wird mehr werden .. immer mehr.
Wie bitteschön stellt sich dieser Staat eigentlich vor, seinen sicherlich hohen "Facharbeiterbedarf" im immer komplizierter werdenden digitalen Arbeitsmarkt zu decken?
Und was an Einsatz wird da erwartet? Und wenn schon so viel Einsatz .. was soll man denn bitte da mal mit verdienen oder wie gedenkt dieses Land das auszugleichen, dass man zwar viel lernen muss, um überhaupt fähig zu sein, hier am Ball zu bleiben, aber im Endeffekt aufgrund nicht mehr vorhandener Arbeitsplätze als Festangestellter eben kein Supergehalt mit einer super sozialen Absicherung mehr bekommt?
Was zum Lesen zum Thema noch unten.
LG
Renate