Montag, 12. August 2019

Typisch Jobcenter: Wunsch und daraus resultierende Realität

Was für Jobvorschlage die Änderung bei meinem Mann von gelernt CTA zu ungelernt Bürohilfe mit sich brachte

 Die Fotos hier sind ein paar Tage alt. Haben wir gemacht, als Jürgen am letzten Mittwoch einen Termin beim Jobcenter hatte.

Es ging einmal darum, dass sie da nun alles auf digital umstellen.

Dann hatte ihn aber auch seine Fallmanagerin gefragt, ob es für ihn nicht einfacher sein könnte, statt in seinem gelernten Beruf als CTA vielleicht etwas Ungelerntes als Bürohilfe zu machen und er hatte zugestimmt.
 Ein Jobangebot hatte er schon mitbekommen, was sich wohl die Fallmanagerin, die ja eigentlich doch wissen sollte, was Jürgen nun kann, gelernt hat oder auch nicht kann, nicht wirklich durchgelesen haben kann.

Zusätzlich gehe ich davon aus, die Stelle war zu der Zeit sicher schon neu besetzt, denn ich habe das Stellenangebot, das nicht gelöscht wurde, beim Jobportal gefunden .. sollte zum 1.8.19 besetzt werden. Also sowieso hinfällig, weil überholt.
 Nun, man muss sich auf sowas ja bewerben, sonst gibt es Sanktionen.

Verlangt wurde einmal absolut sicheres Deutsch, aber auch verhandlungssicheres Englisch und natürlich Berufserfahrung in Telefondienst, Kundenberatung und Kundenbetreuung
 Und es soll nun für Jürgen einfacher sein, bei solchen Angeboten einen Job zu kriegen als in seinem Beruf als CTA, den er immerhin früher ja mal jahrzehntelang ausgeübt hat???

Verhandlungssicherunges Englisch am Telefon könnte ja nichtmal ich mit einem klaren Ja nennen, obwohl ich jahrelang als Fremdsprachenkorrespondentin tätig war, aber auch das war eine schriftliche Tätigkeit, wo man die Möglichkeit hatte, bei Unsicherheiten mal ein Wörterbuch zur Hand zu nehmen. Das geht am Telefon aber nicht .. da muss das fließend laufen.
 Jürgen hat früher am Gymnasium sehr früh Latein als Haupt-Fremdsprache gewählt. Der hat zwar das große Latinum, aber auch das logisch in Jahrzehnten, wo er das nie gebraucht hat, vergessen.

Englisch war bei ihm nur ein Nebenfach und er kann das so gut wie gar nicht mehr.

Anders als ich, die ich zumindest bei Texten, die Kunden bestellen, die kein Deutsch sprechen, meistens das Briefing übersetzen kann und denen dann einen natürlich nicht englischen, sondern deutschen Text basteln, kann Jürgen ja nichtmal das mehr . .ist zu lange her, er hat die Sprache nie gebraucht.
 Und Deutsch war nie sein Fach. Jürgen ist Legastheniker .. das weiß das Jobcenter auch.

Noch beim letzten Termin mit diesem Typen für Selbständige habe ich höchstpersönlich dem gesagt, ja ich mache das mit meinem Mann zusammen ... er ist fitter mit dem technischen Zeugs als ich, wenn hier was nicht funktioniert mit dem Internet und so .. ich lese jeden seiner klar nicht englischen, sondern deutschen Texte vor Abgabe Korrektur .. formulieren geht bei ihm ja, aber diese Texte sind dicht bei dicht voll Fehler, bevor ich die durchlese, und das immer.
 Ich habe dem Mann gesagt, ich bin krank und wenn ich das mal nicht mehr schaffe, dann ist Jürgen komplett arbeitslos, weil er die Texterei alleine ohne mich nicht machen könnte.

Aber wozu erzählt man das bei solchen Terminen?

Es notiert sich ja sowieso keiner.
 Das nächste Jobangebot was kam, ist was mit Verwaltung bei der Polizei.

Jede der Voraussetzungen, die da verlangt wird, kann Jürgen nur mit einem klaren Nein beantworten, was da wären:
 Eine mindestens 2jährige Ausbildung oder aber aktuelle vierjährige Beschäftigung im Verwaltungsdienst des öffentlichen Dienstes.

Gründliche Anwenderkenntnisse in Word, Excel, Tabellenkalkulation, MS Outlook .. und dann soll er sich noch mit E-Post B 10 auskennen.

Kenntnisse im Aufbau und der Ablauforganisation der Landespolizei SH

Das alles kann Jürgen nur mit einem klaren Nein beantworten.
 Teamfähigkeit, Belastbarkeit und Flexibilität ...nun ja ..belastbar ist Jürgen sicher nicht .. Rest mag ja sein.

Kommunikationsfähigkeit würde ich sagen ja, ist er wohl.

Ausgeprägte Arbeitssorgfalt und Umgangsformen, psychisch und physisch belastbar.

Also wenn ich nicht an alles denke, Jürgen vergisst alles .. deshalb war er ja mal im Gefängnis, weil er eine Strafe nicht bezahlt hat und auch nicht dran gedacht zu fragen, ob er das in Raten bezahlen könnte ... und danach dann eben monatelang obdachlos.

Jürgen rastet aus, wenn es problematisch wird .. aber wie !!!! Auch wenn er ohne Stress sicher ein netter Mensch ist .. aber Jürgen hat die Nerven doch nicht. Der war mal alkoholabhängig und ist deshalb auch früher fristlos entlassen worden. Das weiß das Jobcenter doch.

Und nein, Jürgen war noch nie psychisch belastbar .. der ist ein Adoptivkind mit den dafür typischen Problemen und hat sehr dünne Nerven, die bei jeder Kleinigkeit explodieren.

Und da Jürgen die Scheuermannsche Krankheit hat, also ein schlimmes Rückenleiden .. nein der ist auch physisch nicht belastbar und war das auch nie.




Und sowas bezeichnet dann das Jobcenter als einfacher zu kriegen wie etwas in seinem Beruf, wo sich Jürgen zumindest auskennt, auch wenn er eben lange raus ist.

Das sollen nun einfache Tätigkeiten für eine ungelernte Bürohilfe sein.

Das sind hochqualifizierte Jobs, die man ungelernt gar nicht machen könnte.



Und da ich zumindest eine entsprechende Ausbildung und einige Jahrzehnte Berufserfahrung in derartigen Jobs habe .. selbst ich habe nach der Pflege und dem Tod meiner Mama und schon vorher, nachdem ich mich lange um meinen ja mit einer Körperbehinderung geborenen Jüngsten kümmern musste und da noch keine 5 Jahre aus dem Beruf raus war trotz Weiterbildung übers Arbeitsamt zum Auffrischen nie wieder reingefunden .. auch als ich noch 20 Jahre jünger war als Jürgen.

Und in seinem Alter haben die mich nichtmal mehr als Küchenhilfe oder Putzfrau haben wollen .. denn damals habe ich verzweifelt versucht, irgendeinn Job zu kriegen, weil ich panische Angst hatte, was sonst aus unseren Pferden wird und fand dann ja die Texter-Tätigkeit, die wir immer noch machen.

Aber auch da war auch ich nie so gut, dass wir jemals mehr als ein Zubrot damit hätten verdienen können.

Was denken sich diese Leute beim Jobcenter bloß?

Hören die eigentlich mal zu, wenn man da ist und denen ehrlich erzählt, was man kann und was nicht?

LG
Renate

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