Mittwoch, 26. Juni 2019

So spannend kann die Evolution sein

Eine Diskussion über den Ursprung des Lebens



Es geht um eine Bakteriengruppe, die  Lokiarchaeota, die ihren Namen mal nach einer Sagengestalt aus dem nordischen Götterhimmel, genannt Loki, bekommen haben.

In Wikipedia findet man über diese Bakteriengruppe folgende Aussage:
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https://de.wikipedia.org/wiki/Lokiarchaeota

Das allgemein anerkannte drei Domänen Modell von Carl Woese teilt alle zellulären Lebewesen ein in Archaea, Bakterien und Eukaryoten. Eukaryoten sind alle Vielzeller wie Tiere, Pilze, Pflanzen und die Protozoen. Sie sind gemeinsam charakterisiert durch ihre großen, hoch entwickelten Zellen, deren Energiehaushalt durchweg auf mitochondrialen ATP-Synthasen beruht und bei denen die DNA in eine Kernmembran eingebettet ist. Bakterien und Archaeen sind anscheinend ihre Vorfahren,[14] und es wurden 3,8 Milliarden Jahre alte fossile Spuren der Lipide von Archaeen gefunden.[15] Die Evolution der Eukaryoten war vermutlich erst vor 1,6 bis 2,1 Milliarden Jahren abgeschlossen.[16] Für diese Evolution aus prokaryotischen Archaeen[1][17][18] ist Lokiarchaeum anscheinend ein Missing Link. Dessen letzter gemeinsame Vorfahr mit den Eukaryoten hatte vor ca. zwei Milliarden Jahren vermutlich die Gene entwickelt, die unabdingbar für das Entstehen der komplexen eukaryotischen Zellstrukturen waren[19] und dafür wie ein „Starter-Kit“ wirkten.[3]
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 Jetzt geht es aber weiter mit dem Spektrum.Text, was da drin steht. Daraus wie immer einige interessante Textauszüge.

https://www.spektrum.de/news/trickser-bakterien-schuetteln-den-stammbaum-des-lebens/1646886?utm_source=pocket-newtab
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 Die Entdeckung der Archaea in den späten 1970er Jahren hatte in der Forschungswelt die Vorstellung reifen lassen, dass das Leben auf der Erde sich in drei Zweige oder »Domänen« aufteilt. Ein Zweig führte zu den heute lebenden Bakterien, ein zweiter zu den Archaea, der dritte zu allen Eukaryonten. Allerdings entbrannten sich schon bald hitzige Diskussionen über die exakte Zuteilung zu diesen Seitenästen des Lebens. Ein weithin geteiltes Modell des Lebens ging davon aus, dass Eukaryonten und Archaeen von einem gemeinsamen Vorfahren abstammen. Dagegen postulierte die konkurrierende Schule eines »Zwei-Domänen«-Ansatzes, die Linie der Eukaryonten habe sich von einem bloßen Seitenzweig der Archaea abgespaltet.
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Der Streit darüber war streckenweise heftig, schlief mit der Zeit aber ein, erinnert sich Phil Hugenholtz von der University of Queensland im australischen Brisbane. Dann fachten die Lokis ihn »als frischer Windstoß« wieder an, meint Hugenholtz – und sorgten für ein Comeback der Zwei-Domänen-These. Denn: Die neu entdeckten Archaeen zeigten Gensequenzen, die man bis dahin für ein typisches Merkmal der Eukaryonten gehalten hatte. Zudem ergab eine gründliche Analyse ihres Erbguts, dass Eukaryonten mit ihnen in eine Gruppe gehören sollten. Wenn das zutrifft, dann würde jede Form von komplexem Leben – von der Grünalge bis zum Blauwal – im Grundsatz eigentlich in die Gruppe der Archaeen gehören.
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 Es gab also lange Zeit ein wildes Gezanke .. dann mal wieder eine weitere neue Überlegung, die ich auch mal aus dem Text rauskopieren möchte.
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Carl Woese starb 2012. Heute führt man den Streit über die Herkunft der Eukaryonten etwas zivilisierter. Auf beiden Seiten denken viele, dass Eukaryonten wohl irgendwie im Zuge der so genannten Endosymbiose entstanden sind. Diese Theorie hatte die bereits verstorbene Biologin Lynn Margulis bekannt gemacht: Ihr zufolge habe vor Äonen eine simple Zelle ein Bakterium verschluckt und sei daraufhin zu dessen Wirt geworden. Daraus hätte sich eine für beide vorteilhafte Beziehung entwickelt. Das eingefangene Bakterium wurde schließlich zum Mitochondrion – jener zellulären Substruktur, die Energie produziert. Am Ende wurden die Hybridzellen zu den heutigen Eukaryonten.
Ein Knackpunkt trennt die beiden Lager allerdings bis heute: Sie streiten über die exakte Natur der Ursprungszelle. Laut den Anhängern der Drei-Domänen-Theorie war sie eine (inzwischen ausgestorbene) Mikrobe. Forterre etwa sieht sie als »Proto-Eukaryont«, also als Gemisch, das weder ganz moderner Eukaryont noch ganz moderne Archaee war. Nach diesem Ansatz ereigneten sich in der frühen Evolutionsgeschichte mehrere größere Aufspaltungen: zunächst eine vor Milliarden Jahren, als Vorläuferorganismen sowohl die Bakterien als auch eine heute ausgestorbene Gruppe von Mikroben hervorbrachten. Diese Gruppe spaltete sich dann in Archaea und die späteren Eukaryonten.
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Allerdings ist der »Lipid-Graben« womöglich doch nicht so schwer zu überspringen wie früher gedacht. Im Jahr 2018 gelang es niederländischen Forschern zum Beispiel, Bakterien mit Zellmembranen zu konstruieren, die sowohl Archaeen- als auch bakterielle Lipide enthalten. Außerdem haben Wissenschaftler im Schwarzen Meer Bakterien gefunden, die Gene für die Herstellung beider Lipidsorten haben. Ebensolche Mischmembranen könnten auch Übergangsmikroben zwischen Archaeen und Eukaryonten gehabt haben, spekuliert die Mikrobiologin Laura Villanueva vom Royal Netherlands Institute for Sea Research, die Mitglied des Teams ist, das die Schwarzmeerbakterien untersucht hat.
Noch gibt es bloß eine begrenzte Zahl von Analysen der Asgard-Archaeen – inklusive Lokis. »Worauf alle wirklich warten, ist die Isolierung eines Vertreters dieser Linien«, sagt die evolutionäre Mikrobiologin Simonetta Gribaldo vom Institut Pasteur. »Wir müssen die zu fassen kriegen und in Kultur bekommen.« Der Stoffwechsel von einigen ist allerdings sehr träge, und sie vermehren sich nur langsam. »Genau das, was man nicht will, wenn man einen Organismus zu kultivieren versucht«, so Ettema. Tatsächlich geben nur wenige andere Wissenschaftler zu Protokoll, dass sie überhaupt einen solchen Versuch unternehmen – etwa die Mikrobiologin Christa Schleper von der Universität Wien. Sie nennt ihren Versuch, eine Asgard-Kultur hochzuziehen, »das verrückteste Projekt, für das ich je Geld beantragt habe«.
Die Asgard-Mikroben mögen notorisch schwer festzunageln sein – doch immerhin hat ein Team nun die ersten Bilder von ihnen aufgenommen. Zu sehen sind darauf abgerundete Zellen mit Bündeln verdichteter DNA, die dem definierenden Merkmal aller Eukaryonten ähneln: dem Zellkern. Die Bilder seien »faszinierend«, würden aber leider noch keine eindeutigen Schlussfolgerungen zulassen, meint der Mikrobiologe Rohit Ghai vom Institut für Hydrobiologie in České Budějovice, ein Mitautor des Fotostrecken-Preprints.
Somit bleibt das Gesamtbild unklar. In der nordischen Mythologie sät Loki oft Chaos – und bringt dann alles wieder in Ordnung. Verfechter der Zwei-Domänen-Hypothese hoffen, dass die nebulösen, allmählich aber immer besser ausgeleuchteten Lokiarchaeota die langwierige Debatte über den Ursprung des komplexen Lebens beilegen können. Das dürfte allerdings noch ein Weilchen dauern: »Als wir die Asgard-Archaeen entdeckten, dachten wir, das würde alle überzeugen.« Das, lacht Anja Spang, »war nicht der Fall«.
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 Nachdem heute so viel über den Weltuntergang geredet wird, fand ich diese kleine Geschichten zur Entstehung des Lebens und wie verzwickt das alles ist und wie sich nach wie vor zig Wissenschaftler darüber den Kopf zerbrechen, einfach einmal nett und wollte Euch das nicht vorenthalten.

LG
Renate

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