Ich persönlich sehe im vermehrten Drogenkonsum schon lange eine wachsende Perspektivlosigkeit in Deutschland, aber ich bin nun ja auch nicht Doktor Allwissend. Deshalb werde ich jetzt mal recherchieren, was mir das Netz dazu alles erzählt:
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Jeder
dritte Jugendliche aus suchtbelasteten Familien gerät in eine
Abhängigkeit. Grundsätzlich besteht allerdings für jeden das Risiko, in
eine Drogenabhängigkeit zu geraten. Umfragen und Studien mit Betroffenen
nennen vor allem die folgenden Gründe für den Drogenkonsum von
Jugendlichen:
- Neugierde bzw. neue Erfahrungen sammeln
- positive Schilderungen von Freunden
- Vererbung
- Pubertät
- Gruppenzwang bzw. Anpassung an die Gruppe/Außenseiter – Angst vor dem Alleinsein
- Flucht vor Alltagsproblemen
- Überforderungen (z.B.: Schulprobleme/Lernschwierigkeiten)
- Passive Freizeitgestaltung (viel Fernsehen, Computerspiele etc.) „Ersatzkick“ nötig
- Nachahmung von Älteren (Eltern oder ältere Jugendliche, die beispielsweise Alkohol konsumieren)
- Unsicherheit, fehlende Konfliktfähigkeit
- Beziehungsstörung
- Persönliche Schicksale
Autor: äin-red
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Ein sehr guter Text .. sehr logisch .. unbedingt lesen !!!!
Daraus mal nur ein kleines Stück:
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Wenn Sie immer noch
überzeugt sind, dass Sucht durch Chemikalien ausgelöst wird, ergibt
diese Beobachtung keinen Sinn. Wenn Sie jedoch an Bruce Alexanders
Theorie glauben, lässt sich alles erklären. Der Drogensüchtige auf der
Straße lässt sich mit den Ratten im ersten Käfig vergleichen: isoliert,
alleine und mit nur einer Quelle des Trostes. Der Patient im Krankenhaus
ist wie die Ratten im zweiten Käfig: Er geht nach Hause - zurück zu
einem Leben, wo er von geliebten Menschen umgeben ist. Die Droge ist die
gleiche, aber das Umfeld ist ein anderes.
Dies
ermöglicht uns viel tiefergehende Erkenntnisse als das Bedürfnis,
Drogensüchtige zu verstehen. Professor Peter Cohen argumentiert, dass
Menschen ein tiefverwurzeltes Bedürfnis haben Beziehungen aufzubauen. So
erreichen wir Zufriedenheit.
Wenn
wir keine Verbindung zu anderen aufbauen können, bauen wir Beziehungen
zu allem auf, das wir finden können - sei es das Wirbeln des Roulettes
oder der Stich einer Nadel. Cohen findet, wir könnten aufhören von
„Sucht" zu reden und es stattdessen „Verbindung" nennen. Eine
Heroinsüchtige ist eine Verbindung mit Heroin eingegangen, weil sie
keine Verbindung mit einem Menschen eingehen konnte.
Das Gegenteil von Sucht ist also nicht Nüchternheit, sondern menschliche Beziehungen und soziale Kontakte.
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Es gibt eine
Alternative. Es kann ein System aufgebaut werden, dass Drogenabhängigen
hilft, wieder eine Verbindung zur Welt aufzubauen und so ihre Sucht
hinter sich zu lassen.
Das
ist nicht bloß graue Theorie. Dieser Ansatz wird umgesetzt und ich habe
es mit eigenen Augen gesehen. Vor fast fünfzehn Jahren hatte Portugal
eines der schwersten Drogenprobleme in Europa - ein Prozent der
Bevölkerung war heroinsüchtig. Sie hatten es mit einem Krieg gegen die
Drogen versucht, doch das Problem verschlimmerte sich nur weiter.
Daher
wurde beschlossen, einen radikal anderen Ansatz zu testen. Es wurde
beschlossen, alle Drogen zu entkriminalisieren und die Gelder, die
bisher für die Verhaftung und die Haft von Drogensüchtigen verwendet
wurden, darein zu investieren, sie wieder mit ihren eigenen Gefühlen und
der Gesellschaft in Kontakt zu bringen.
Der
wichtigste Schritt hierbei war, ihnen eine sichere Unterkunft und
subventionierte Jobs zu verschaffen - um ihrem Leben einen Sinn und
ihnen einen Grund zu geben, morgens aufzustehen. Ich beobachtete, wie
ihnen in warmen und freundlichen Kliniken geholfen wurde, wieder einen
Zugang zu ihren Gefühlen zu bekommen, nach jahrelangen Traumata und dem
Versuch, diese mit Drogen zum Schweigen zu bringen.
Ein
Beispiel, das ich sah, waren ein paar Süchtige, denen ein Kredit
gewährt wurde, um eine Spedition zu gründen. Sie waren plötzlich eine
Gruppe und gehörten zusammen, sie wurden ein Teil der Gesellschaft und
waren füreinander verantwortlich.
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Das betrifft nicht nur
die Süchtigen, die mir persönlich etwas bedeuten. Es betrifft uns alle,
da es uns zwingt, anders über uns selbst zu denken. Menschen sind Tiere,
die Beziehungen zu anderen haben. Wir brauchen den Kontakt und die
Liebe.
Der
weiseste Satz des zwanzigsten Jahrhunderts stammt von E. M. Forster -
only connect. Er wollte damit ausdrücken, dass wir durch den Kontakt zu
anderen Menschen alle Unterschiede überbrücken können. Wir aber haben
ein Umfeld und eine Kultur geschaffen, die uns von diesem Kontakt
abschneidet oder uns über das Internet nur eine Parodie dessen bietet.
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D er Autor George Monbiot nennt dies „das Zeitalter der Einsamkeit".
Wir haben Gesellschaften geschaffen, in denen es für Menschen einfacher
denn je zuvor ist, sich von allen menschlichen Kontakten abzukapseln.
Bruce
Alexander - der Erfinder des Rattenparks - sagte mir, dass wir uns
allzu lange mit individueller Genesung von der Sucht beschäftigt hätten.
Wir müssen uns stattdessen mit der Genesung der Gesellschaft
beschäftigen - damit, wie wir alle uns zusammen von der Krankheit der
Isolation erholen können, die auf uns lastet wie ein dicker Vorhang.
Diese neuen Erkenntnisse sind nicht nur eine politische Herausforderung
für uns. Sie zwingen uns nicht nur zum Umdenken. Sie zwingen uns auch,
unsere emotionale Einstellung zu ändern.
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Ein schöner Text und sehr wahr.
Trotzdem hört er mit einem Vorschlag auf, der meiner eigenen Erfahrung mit meinem spiel- und sex-süchtigen Ex-Mann widerspricht.
Nämlich man sollte Süchtige nur genug lieben, dann wird alles gut.
Ich habe fast 40 Jahre lang versucht, meinem Ex zu helfen, denn ich habe diesen Mann geliebt, und zwar sehr. Irgendwann war ich selbst soweit, kaum noch Lust zum Leben zu haben, ich war nie süchtig, ich war eher selbstmordgefährdet.
Meine Kinder geben mir heute die Schuld daran, viel zu lange in dieser Ehe ausgehalten zu haben und auch ihnen damit das Leben zur Hölle gemacht zu haben und ich habe kaum Kontakt zu ihnen .. und die liebe ich noch viel mehr als ich meinen Ex geliebt habe.
Dennoch denke ich, der Ansatz dieses Textes da oben ist genau richtig.
Es ist nicht die Substanz, die süchtig macht .. es ist die Gesellschaft, die den Menschen einen Grund geben muss, ohne Drogen oder andere Suchtmittel wieder glücklich zu werden.
Das nennt sich Lebensperspektive .. genau wie ich am Anfang gesagt habe.
Ach ja ... ich denke, mein Ex ist einfach daran kaputt gegangen, dass unsere heutige Gesellschaft schlechten Schülern schon in der Kindheit das Gefühl gibt, nichts wert zu sein ... noch so viel Liebe konnte das später nicht mehr gut machen .. denn er war ja gar nicht dumm .. und er wurde geliebt ... aber er konnte das wegen dieser Kindheitserlebnisse einfach nicht glauben und für sich annehmen.
Und da unsere Gesellschaft immer härter wird und der Leistungsdruck immer größer, ist es deshalb kein Wunder, dass immer mehr junge Menschen in die Drogensucht verfallen und so vor diesem Druck flüchten.
LG
Renate
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