Wie ich den Kanzler der Einheit Deutschlands in Erinnerung habe
Foto aus Wikipedia. Helmut Kohl und Erich Honecker |
Gestern hörte ich beim Aufstehen von unserem Mittagsschlaf in den Nachrichten, dass Helmut Kohl im Alter von 87 Jahren am 16.07.17 gestorben ist. Warum und woran wurde da nicht gesagt.
Natürlich sind jetzt die Nachrichten voll von diesem Thema, man hört von allen Seiten die unterschiedlichsten Nachrufe auf diesen Kanzler, der in meinen Augen genauso eindrücklich in die Geschichte Deutschlands eingenangen ist wie es später einmal Angela Merkel in meinen Augen auch tun wird.
Die beiden haben in meinen Augen eines gemeinsam. Aktivität und die Fähigkeit, stur den eigenen Weg zu gehen und sich sehr gut durchsetzen zu können, wenn es um das Erreichen von Zielen gegangen ist oder geht.
Und die Ziele von Helmut Kohl waren immer die Deutsche Einheit und die Zusammenführung Europas. In meinen Augen hat dieser Mann, der natürlich wie jeder Politiker auch Fehler gemacht hat, seine Ziele nie aus den Augen verloren.
Als es um die Deutsche Einheit ging, habe ich gerade als relativ alte Frau (1988 - 1991, ich war damals im Alter zwischen 35 und 38 Jahren) das Abitur nachgemacht und war insofern diversen politisch sehr engagierten Lehrern ausgesetzt.
Mein Bio-Lehrer war beim BUND, nicht bei den Grünen, was noch ein Unterschied war damals, aber alles andere als einfach, bei dem gute Zensuren zu haben, die ich brauchte, weil Biologie eins meiner Leistungskurse war.
Die CDU war noch wirklich eher rechts und die SPD wirklich eher links, denn die Linke gab es ja noch gar nicht.
Meine Lehrerin im Fach Gemeinschaftskunde gehörte zur SPD, war also eine krass Linke zu der Zeit und als Jüdin die einzige, die aus ihrer Familie den Holocaust überlebt hatte. Wir haben zwei Jahre Karl Marx mit ihr durchgenommen, weil das ihr Lieblingsthema war und sie war für und nicht gegen Saddam Hussein und brachte unsere Klasse in eine Moschée, wo wir mit palästinensischen Asylanten über dei Dschihad diskutieren konnten. Und als SPD-Mitglied war sie gegen die Deutsche Einheit.
Mein Lieblingsfach war Philosophie und das unterrichtete damals Martin Schwarz, der CDU-Mitglied war und genauso wie ich selbst Verwandte in der DDR hatte. Wie sagte Martin Schwarz immer: "Ich denke, wie ich heiße, nämlich schwarz."
Als es darum ging, ob wir die DDR sofort mit in die Bundesrepublik Deutschland integrieren oder nicht, stand mein Philo-Lehrer voll hinter Helmut Kohl. Er sagte, natürlich wird Deutschland danach finanziell den Bach runtergehen, aber wir retten laufend Asylanten aus den unterschiedlichsten Ecken der Welt, wir können ja wohl schlecht unsere eigenen Brüder und Schwestern nicht retten, auch wenn es uns allen danach finanziell erheblich schlechter gehen wird.
Das war ganz sicher auch Helmut Kohl klar, aber der hat darüber genauso gedacht.
Dass nach der Deutschen Einheit und dem dann wirtschaftlichen Niedergang auf beiden Seiten viel Unzufriedenheit herrschte und irgendwann dann auch damit die CDU den Bach runter ging, war eigentlich abzusehen. Ich fand es erstaunlich, dass Helmut Kohl die nächsten Wahl danach noch einmal gewonnen hat.
Ich würde sagen, dass das, was dieser Mann in dieser sicherlich schwierigsten Zeit der Deutschen Geschichte nach dem 2. Weltkrieg geleistet hat, war super. Besser hätte man dieses problematische Thema gar nicht anpacken können.
Ich möchte dazu auch noch das sicher genauso problematische Thema Wirtschaft und Eigentums-Rückführung und so weiter aufgreifen, das ich auch sehr gut am Beispiel meiner beiden damaligen Lehrkräfte, nämlich meiner jüdischen Gemeinschaftskunde-Lehrerin mit SPD-Affinität und meinem mit der CDU sympathisierenden Philosophie-Lehrer erklären kann.
Die zwei waren sich alles, aber nicht grün. Als es darum ging zu verdeutlichen, dass die Auffassung der SPD-Leute, die Planwirtschaft noch weiterlaufen zu lassen, so gar nicht gegangen wäre, hat er das sehr gut erklärt.
Unserer jüdischen Gmk-Lehrerin gehörten in Mec-Pom diverse Ländereien, die ihrer Familie unter Hitler weggenommen wurden, in der DDR wiederum neu enteignet und in Ossi-Volkseigentum überführt und alles planwirtschaftlich bewirtschaftet.
Martin Schwarz sagte, was würde eine Jüdin wohl sagen, wenn Sie ihr Eigentum jetzt nicht zurückkriegt? Natürlich wird sie es haben wollen. Sie könnte es ja auch verschenken und drauf verzichten, aber das wird sie nicht tun. Und was wird die Welt zu uns Deutschen sagen, wenn wir den Juden und anderen Menschen, die durch Hitler oder das DDR-Regime enteignet worden sind, ihr Eigentum vorenthalten?
Ich fand das einleuchtend.
Vor genau diesen Problemen stand damals Helmut Kohl mit seiner Regierung. Wer sagt, das wäre einfach zu lösen gewesen, der tut dem Mann unrecht.
Ich finde, er hat das schon ganz gut gelöst, auch wenn es uns heute immer noch allen ziemlich schlecht geht. Es war aber sozial, die Ossis mit in unser Land zu integrieren, denn sonst würde es unseren Brüdern und Schwestern von drüben heute noch viel schlechter gehen und uns vermutlich weiterhin relativ gut. Das wäre doch aber ungerecht gewesen.
Auch die Zusammenführung Europas habe ich immer richtig gefunden. Dass auch das nicht einfach ist, ist klar. Aber auch da hat Kohl doch gute Arbeit geleistet mit den Anfängen.
Dass er damals in dieser Parteispendenaffaire nicht verraten hat, woher das viele Geld kam, weil er diesen Leuten sein Ehrenwort gegeben hat .. nun das mag politisch nicht korrekt gewesen sein, aber so einen Konflikt kann ich nachvollziehen und auch verstehen, warum er da so gehandelt hat.
Tja .. und als Hannelore Kohl sich das Leben nahm ... ich stelle mir das sehr schwer vor, mit so etwas fertig zu werden .. und das sollte man keinem Menschen vorwerfen. Ich habe im Freundeskreis schon miterlebt, was der Selbstmord eines Familienmitglieds mit den Menschen anrichten kann, die davon betroffen sind. Man sollte sie nicht auch noch dafür verurteilen, denn was wirklich in dem Menschen vorging, der so seinem Leben ein Ende setzt, weiß nur derjenige selbst. Es tut mir sehr leid, dass Helmut Kohl am Ende seines Lebens damit hat fertig werden müssen.
Tja ... ich finde, auch wenn ich nie im Leben die CDU gewählt habe, unser Kanzler der Einheit Deutschlands hat das schon alles gut gemacht. Jemand anders hätte es erstmal besser machen sollen.
LG
Renate
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