Donnerstag, 5. November 2015

Hartz IV, Sozialhilfe und der Umgang mit helfenden Familienmitgliederim im Todesfall

Wenn kein Geld aus Trauer zusätzlich ein Familiendrama macht


Heute werden die Parteien wieder weiter an der Flüchtlingsfrage arbeiten, sich dabei zanken wie die Blöden und sich alle zusammen auf den Bauch klopfen und betonen, was für ein freundliches Gesicht Deutschland doch hat, wenn es darum geht, Menschen in der Not zu helfen.

In der gleichen Zeit erleben Arme in Deutschland, die gerade einen Todesfall in der Familie haben und sich um die Bezahlung der Beerdigung kümmern müssen, folgendes Szenario (und zwar unabhängig davon, ob sie nun Einheimische oder aber Flüchtlinge sind, denn das kann hier jedem passieren, der die Beerdigungskosten beim Sozialamt beantragen muss):

Ein Beispiel aus meinem Bekanntenkreis:


Einer guten Freundin von uns ist gerade eine andere Freundin gestorben. Es geht ihr sehr nahe, denn diese Freundin war für sie sowas wie eine Ersatzmutter. Sie fühlt sich etwas verlassen bei der Vorstellung, ihre Freundin zu begraben, also schlugen wir vor, sie dabei nicht allein zu lassen.

Momentan weiß leider niemand, wann denn die Verstorbene überhaupt begraben werden kann, denn derjenige ihrer Kinder, der sich zuletzt um sie gekümmert hat, weil sie körperlich schwerbehindert war und Hilfe gebraucht hat, lebte logischerweise mit seiner Mutter gemeinsam von Hartz IV und/oder Sozialhilfe oder einer Mischung aus beidem, was ich jetzt nicht so genau weiß. Es spielt auch keine große Rolle, da sich in Deutschland Hartz IV und Sozialhilfe nicht mehr gravierenend unterscheiden.

Es wird für den Mann noch schwieriger sein, seine Mutter unter die Erde zu bringen, als für mich bei meiner Mutter, weil er anders als ich damals beim Tod meiner Mutter in einer ähnlichen Situation mehrere Geschwister hat, die vermutlich gleichermaßen für die Kosten der Beerdigung zur Kasse gebeten werden können.
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Exkurs, wie das bei uns war:


Das war beim Tod meiner Mutter anders. Ich war für diese Kosten zuständig, denn ich bin ja ein Einzelkind gewesen. Dennoch verlangte von mir auch damals das Sozialamt, dass auch meine Kinder und sogar deren angeheiratete Ehepartner, aber sogar nicht verheiratete Lebensgefährten, mit denen sie zusammen wohnten, ein Formular über ihre Vermögensverhältnisse ausfüllen mussten. Unser Bestatter sagte zu mir, keiner der Enkel und schon gar nicht deren Partner müsste die Beerdigung meiner Mutter bezahlen, aber die Stadt Preetz würde es auf diese Art immer wieder versuchen. Ich solle sofort Klage beim Sozialgericht Kiel einreichen. Ich habe das damals getan, auch gewonnen, aber natürlich erst einige Wochen nach der Beerdigung meiner Mutter. Ich habe auch versucht, meine Kinder und deren Partner darüber zu informieren, dass sie keine Angst zu haben bräuchten wegen dem Geld, aber das kam nicht an. Es führte für Jürgen und mich damals zu der Situation, dass einer meiner Schwiegersöhne mir mit einer einstweiligen Verfügung wegen Hausfriedensbruch drohte, dem Sozialamt angab, ich hätte von meiner Mutter teure Pferde geerbt .. völliger Schwachsinn, denn meine Mutter hatte nie Pferde und Chiwa und Prima sind zwei alte Gnadenbrotpferde, die Jürgen und mir gehören und früher beide mir gehört haben und nie einen Wert hatten. Ich habe aber trotzdem wegen dieser Aussage dann Strafanzeige gegen meinen Schwiegersohn erstattet, weil das zu weit ging, so zu lügen und hatte sogar Hilfe wegen der Tiere von Seiten meiner Fallmanagerin, die mir bescheinigte, dass die Tiere keinen Wert haben und auch der Sachbearbeiterin des Sozialamtes, die sie gar nicht hat verwerten wollen, denn es ist laut Tierschutzgesetz ja gar nicht zulässig, ein Tier schlachen zu lassen, um den Schlachtpreis zu verwerten und anders hätte man unsere Pferde ja nicht zu Geld machen können.

Die Beerdigung meiner Mutter sah so aus, dass meine Kinder auf einer Seite der Kirche saßen, Jürgen und ich und einige Freunde auf der anderen Seite .. ich mich dabei so fühlte, als dass ich hätte laut brüllend aus der Kapelle rennen mögen und immer wieder Scheiße, Scheiße und schmeiß ne Bombe in den Bundestag schreien mögen, damit diese Schweine endlich merken, was sie in diesem Land mit Menschen tun, die hier gelebt, gearbeitet, Kinder groß gezogen und Alte bis zum Tod gepflegt haben.

Ja genauso habe ich mich damals gefühlt. Die ohnehin schon angeschlagene Beziehung zu meinen Kindern und Schwiegerkindern hat sich dann endgültig in etwas verwandelt, das nur noch als kaputt zu bezeichnen ist und nie mehr heil wurde, auch wenn mein Jüngster dann nach der Trauerfeier bei seiner Schwester anschließend zu Jürgen und mir kam und auch immer noch ab und zu mal vorbei schaut, aber komplett zerrissen ist, weil wir spätestens seit der Beerdigung meiner Mutter gar keine Familie mehr sind.

Und das hatte in erster Linie finanzielle Gründe.
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Nun weiter zu dem aktuellen Todesfall.


Die Frau war noch recht jung, aber aufgrund eines schweren Hüftleidens sehr krank. Sie wurde nur 54 Jahre alt und brauchte ihren Sohn, um überleben zu können. Es ging ihr wie mir. Sie hatte auch mehr Kinder als dieses eine, aber soweit ich weiß nur noch zu ihm und einem weiteren überhaupt Kontakt, der Rest hatte sich abgewandt, was bei Menschen, die in Hartz IV fallen, gar keine Seltenheit ist. Es ist auch keine Seltenheit, dass Menschen, die sowas erleben müssen, heute nicht mehr sehr alt werden, denn die Lebenserwartung hat auch etwas damit zu tun, ob man noch eine Familie hat oder nicht. Von Menschen, die kein Geld haben und Pflege und Hilfe brauchen, wenden sich aber auch Familienangehörige oft heute ab, denn wer sich kümmert, wird wegen der Bedarfsgemeinschaften ja sofort zur Kasse gebeten.

Das Kind dieser Frau, der sich um sie kümmerte, bis sie starb, wird wie ich nach dem Tod meiner Mutter finanziell sowieso jetzt vor großen Problemen stehen. Sollte die Frau Pflegegeld bekommen haben, um ihn finanziell jedenfalls etwas zu entschädigen, wird das von heute auf morgen weg fallen. Er kriegt für Pflege innerhalb der Familie auch nicht einen Tag Arbeitslosengeld. Er fällt sofort auf Hartz IV pur und mit Pech wird er die Aufforderung bekommen, die nun zu große Wohnung zu räumen und umzuziehen. Aufgrund der Flüchtlingswelle wird das aber kaum möglich sein, denn es gibt ja keine Sozialwohnungen mehr oder so gut wie keine und wenn, dann kommen da Flüchtlinge rein. Sollte er nach einem halben Jahr keine für ihn ausreichende Wohnung gefunden haben, wird nach unserer Erfahrung das Problem auftauchen, dass man ihm die Kosten der Unterkunft kürzt und ihm das Geld vom ohnehin zu knappen Regelsatz auch noch abzieht. Er hat lange seine Mutter versorgt, er wird kaum Arbeit finden, um das aufzufangen.

Meine Freundin, deren Freundin das war, hat auch lange sogar in jungen Jahren die eigene Mutter bis zum Tod gepflegt und ist so genauso wie ich in Hartz IV gerutscht, weil sie eben nun nur noch Nebenjobs ausüben kann und obwohl sie da viel arbeitet, reicht das Geld nicht, um vom Jobcenter ganz wegzukommen.

Wer in Deutschland nach einer Pflegezeit lange aus dem Beruf raus ist, kommt nicht wieder rein. Da heute Flüchtlinge nun auch noch umsonst für Langzeitpraktika abgegeben werden ohne Ende, also in Millionenhöhe, wird es auch noch viel schwerer werden, auch nur einen bezahlten Nebenjob zu kriegen geschweige denn anständig bezahlte Arbeit.

Zuerst aber kann der arme Mann seine Mama gar nicht begraben, weil geklärt werden muss, wer die Kosten der Beerdigung bezahlt, denn er hat Geschwister.

Er kann vermutlich nicht klagen, dass er alleine für die Beerdigung der Mama zuständig ist, denn alle Geschwister werden das gemeinsam sein, und wenn da einer mehr Geld als Hartz IV oder dergleichen haben sollte, dann wird das Sozialamt verlangen, dass der die Beerdigung bezahlt.

Sie werden sich aber nicht darum kümmern, wie der Sohn dieser Frau das anstellen soll. Der muss das nämlich dann selbst einklagen, dass sein Geschwister mit Geld das tun muss. Wie lange sowas dauert, das weiß ich nicht.

Zum Trauern hat dieser Mann keine Zeit. Er steht vor Problemen, die sich kaum lösen lassen.

Und niemand weiß gerade, wann die arme Frau in ihr Grab kann.

Ist das nicht toll geregelt in Deutschland, wenn man sich um einen kranken Menschen kümmert, der nicht mehr so kann, dann logischerweise auf Sozialleistungen angewiesen ist und anschließend kein Geld für die Beerdigungskosten haben kann !!!!!

Wenn ich an Deutschland denke und das Geschwafel vom freundlichen Gesicht gegenüber den Armen, ich könnte regelmäßig kotzen.

Dieser Todesfall aus meinem näheren Umfeld macht mir das wieder mal sehr klar, weil er mich an den Tod meiner eigenen Mutter erinnert, wo ich das auch erleben musste.

LG Renate

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